Verheißung
Hör, was ich sage:
Wenn die Sonne heut
Mit müden Schritt aus unsrer Flur gegangen,
Erwart' ich dich.
In wildem Geisblatt birgt sich eine Bank
Im Waldesgrund, rings Buchengrün und Farren,
Dort find'st du mich!
Dort rufe nicht! Geh heimlich durch das Laub,
Daß nicht die Vögel aus dem Schlummer schrecken
In ihrem Nest,
Daß nicht der Wind erwacht, der athemlos
Vom tollen Lauf, betäubt und sonnenmüde
Schläft im Geäst.
Leis lachend reck' ich meine Hände aus
Und ziehe dich durch das Gewirr der Ranken
Zu mir herein,
Verträumte Blüthen nicken über uns,
Grüngoldne Dämmrung spinnt mit weichem Schleier
Uns Beide ein.
Dann küsse mich! Sieh, meine Seele schläft,
Ein willenloses Kind auf meinen Lippen -
Dein ist die Macht!
Reiß sie empor aus ihrem dumpfen Traum,
Laß sie hineinschaun in das heiße Leben
Und dann – sei Nacht!
Anna Ritter
(1865-1921)
Alex Bartek 01/02/2013 7:22
Gefällt mir sehr gut, so zart und sanft.LG Alex