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Michael Wolta


Premium (World), Magdeburg

Versemmelt

Seit ich fotografiere ist es einer meiner Träume, mal einen Fuchs im Schnee zu erwischen. Schnee liegt nicht allzu oft, und die nachtaktiven Räuber auf kurze Distanz bei gutem Fotolicht zu treffen, passiert einem noch seltener. An diesem Tag aber schien es zu klappen. Die Nachmittagssonne hatte einen der Rotröcke wohl aus seinem Bau gelockt, ich sah ihn auf große Entfernung im Schnee mäuseln. Dann aber schien er satt zu sein und legte sich auf eine Anhöhe, um sich den Pelz wärmen zu lassen. Für eine solche Gelegenheit habe ich immer eine Tüte Hundefutter im Kofferraum, das ich als Kirrung auslegte. Sein feines Näschen soll das wohl auf 2 km Entfernung wittern können. Brennweite kann beim Fuchs nicht schaden, dachte ich mir, also legte ich alles in die Waagschale, was ich mit hatte: das 600er Tele, einen 1.7fach Konverter und die D300s, die ich wegen des 1.5fach Crops gegenüber der D700 bevorzugte. Macht rechnerisch 1530 mm. Ich tarnte und versteckte mich und wartete. Eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden. Es waren fast vier Stunden vorüber und die Sonne seit einer halben Stunde weg, als der Fuchs aufstand, sich streckte, gähnte - und in die mir entgegen gesetzte Richtung lief. Nun habe ich viel über Füchse gelesen und wusste, dass Reinecke sein Ziel nie auf direktem Wege ansteuert. Also wartete ich, obwohl ich kaum noch Licht hatte, ob er nochmal näher kommt. Und er kam. Er schnürte am Rande eines Wassergrabens direkt auf mich zu. Etwa 100 m vor mir setzte er sich auf die Keulen, für meinen Sensor etwa halb Format füllend und knackscharf. Es waren aber zwei Schilfhalme vor seinem Körper, weswegen mein rechter Zeigefinger gerade blieb. Ausserdem hatte ich immer die Worte meines fotografischen Mentors im Sinn: "Beim Fuchs hast du nur die Chance auf ein einziges Foto, sobald er das Auslösegeräusch deiner Kamera hört, ist er weg". Und er kam noch näher an mein Versteck heran. Es war inzwischen völlig dunkel. Als ich ihn Format füllend und ohne störende Halme vor mir hatte, drückte ich ab. Acht Fotos hat er zugelassen, aber schon beim Fotografieren bemerkte ich, dass ich nicht mehr fokussieren konnte. Das Tier war mir so nahe, dass es die Naheinstellgrenze meiner Optik unterschritten hatte. Wer rechnet schon mit sowas? Scheiss 1530 mm! Das Erlebnis war aber unbezahlbar und die Geschichte muss ich Euch unbedingt erzählen, deswegen gibt es auch ein Belegfoto dazu (stark nachgeschärft und entrauscht).
Nikon D300s, Nikkor 600mm/4 + 1.7x TC, Blende 6.7 (weiter auf geht mit Konverter nicht!), 1/30 s, Belichtungskorrektur +0.3 LW, ISO 3200, 21.02.2010, 18.47 Uhr

Commenti 28

  • Wolfgang E. Kern 23/03/2010 19:53

    wie die Pixelmixer,
    irgendwas passt nicht an Deiner Geschichte!
    Naheinstellgrenze bleibt Naheinstellgrenze egal ob und welcher Konverter dazwischen ist.
    Und wie Werner schreibt der Bereichsbegrenzer des AF geht von der Naheinstellgrenze bis 6 oder 10 Meter
    je nach Kamerasystem.
    und von 6 oder 10 Meter bis unendlich.

    Ich denke einfach der AF hat das Ziel in dem schlechten Licht nicht gefunden
  • PMW 23/03/2010 9:25

    Das ist ein Irrtum Michael, weder Crop noch Konverter ändern die Naheinstellgrenze!

    Selbst bei 10 Meter und resultierenden 1500mm Brennweite (entspricht 30 facher Vergrößerung) währe der Fuchs mehr als nur Formatfüllend abgebildet worden.

    VG S&W
  • Chris 59 19/03/2010 13:56

    Was ein Mist ! Ein feine Story. Man kanns nach vollziehen. Aber grad solche Erfahrungen machen es aus und haben einen hohen Stellenwert, da hier nicht das Foto sondern die Erfahrung zählt. Deshalb grämm Dich nicht, sieh es als Erfolg an, denn die nächsten werden dann klappen.!
  • Lotta-Yvette 19/03/2010 10:35

    Oh Mann, da hast Du aber Ausdauer bewiesen bei der Kälte. Ich bin beeindruckt. Und das Foto hätte ich auch, egal ob rauschend oder nicht, hier reingestellt. Mir gefällt es trotzdem.
    LG Lotta
  • Michael Wolta 16/03/2010 20:27

    @alle: Vielen Dank, dass Ihr Euch so heftige Gedanken um das Foto und die Geschichte dazu gemacht habt. Da waren wirklich wichtige Denkanstöße dabei. Also aus der Hand kann ich die Ausrüstung von ca. 7 kg nicht bedienen. Durch den Konverter und den Crop hat sich sicherlich nicht nur die Brennweite verlängert, sondern auch die Naheinstellgrenze. Bei dem geringen Licht habe ich nicht manuell fokussieren wollen, sondern auf den Autofokus vertraut. Dabei ist mir wahrscheinlich ein Fehler unterlaufen, denn anstelle des möglichen Autofokus über den gesamten Brennweitenbereich hatte ich die Einstellung "10 m bis unendlich" gewählt. Das ist meine Standard-Einstellung, weil der Autofokus hierbei schneller ist, was bei der Ablichtung von Tieren in der Bewegung Vorteile hat. Im Eifer des Gefechtes und mit dem Fuchs in Streichelnähe hatte ich dann vergessen, umzuschalten. Jedenfalls hat der Autofokusmotor vor jedem Auslösen klngende Geräusche wie eine gespannte Metallfeder verursacht, was ich noch nie so bemerkt hatte. Vielleicht ist das ein Hinweis, die Ursache für mein versemmeltes Foto einzugrenzen?
  • Katharina Noord 14/03/2010 22:08

    Schaffst Du es bei der Ausrüstung 1/30s noch ruhig genug zu halten? Ich würde das nicht schaffen.
    Aber: Deine Geschichte und das dazugehörende Erlebnis sind einfach großartig.
    lg, Katharina
  • Hannes Wymann 13/03/2010 20:02

    ... z.B. Die Worte deines Mentors in deinem Ohr: deshalb "Mirror Up"; und das natürlich mit der D700 ! Aber auch sonst ist mir deine Beschreibung nicht so ganz schlüssig... D300s anstatt deiner D700? (...) Und nicht mehr fokusieren können; Nicht wahr - oder ? Und gehört die D700 nun zu deiner Nikon-Grundausstattung ?

    Wenn ja, nimmst du also das nächste Mal also deine * D700 * ans Objekltiv - die Tüte Hundefutter ist alleweil gut.

    Mögliche Einstellungen:
    Belichtungsmodus = A oder S
    Fokusschalter = S
    Mess-System = meine Auswahl lautet Spot - wenn du nicht sicher bist, probiere es mit der Matrixmessung (da vergleicht das System 30'000 Aufnahmesituationen)
    Messfeldsteuerung hier = Einzelfeld
    Messfelder = 51 können nicht schaden...

    Natürlich alles mit Stativ oder Kamera auf dem "Bohnensack" !

    Und der Erfolg sollte mit der von dir gelebten Ausdauer nicht aus bleiben !

    Dein Textbeitrag ist aber äusserst aufschlussreich ...

    ...Deine Aufnahme kannst du so nicht "Guttexten" oder wie auch immer.

    Widersprüche bleiben deren viele... Erkläre dich bitte !

  • Rike-Tina 13/03/2010 19:50

    fantastisch.....was soll man da noch sagen +++
    lg von Rike
  • Kein Namen 12/03/2010 21:45

    Wie viel "Fuchs im Schnee" Fotos gibt es überhaupt in der FC?
    Eine hochinteressante Geschichte erzählst Du zu diesem Foto, was es zu was Besonderen macht. Aber wie viele wissen den Aufwand für ein gutes Wildlifefoto zu schätzen? Wäre es bedeutend besser geworden und für einen Stern vorgeschlagen, kämen wieder die Kommentare: Fuchsfoto, was ist da Besonderes dran? Der Hintergrund ist unruhig. Der Schnitt ist katastrophal. Usw.
    Glück hat nur der Tüchtige.
    LG, Bernd
  • PMW 12/03/2010 21:07

    Das 600/4 von Nikon hat eine Naheinstellgrenze von 5 Meter, mit 1,7er Konverter und dem Crop der D300 legst Du KB-Equivalent 1500mm Brennweite vor!
    Wenn der Fuchs Dir so nahe gekommen währe, dass Du hättest nicht mehr fokusieren können, währe außer dem Auge des Fuchses nichts mehr auf dem Foto gewesen...

    Irgendwie beschummelst Du hier ;-)
  • Anita Jarzombek-Krauledies 12/03/2010 16:51

    Da sieht man mal wieder, wie aufwendig es sein kann Tieraufnahmen zu machen. Zumindest hast Du den Fuchs im Schnee erwischt. So schnell kann man mitunter die Kamera nicht umrüsten:-)
    Gruß Anita
  • Klaus Zeddel 12/03/2010 16:07

    Trotz der Unschärfe macht er sich prächtig vor dem verschneiten Hintergrund. Ich finde, das Warten hat sich trotzdem gelohnt, wer kann denn auch damit rechnen, daß ein Fuchs zu nahe kommt.
    LG Klaus
  • Hubertus R. Becker 12/03/2010 11:44

    Wer kennt das nicht - tut mir echt leid für dich. Im nächsten Winter klappt es sicher.
    LG Hubertus
  • Jan Rillich 12/03/2010 9:51

    :)))))))

    das ist traurig und doch zum Lachen - es ist fast slapstick - sowas kenne ich auch zur genüge - hunderte versemmelte Gelegenheiten - meist hat man vor lauter Angespanntheit die ordentliche Belichtung vergessen - mein schlimmstes Erlebnis war der Tamandua in Costa Rica - der war auch zu nah und dann weg
  • Monty Erselius 12/03/2010 8:38

    Hey Micha,
    sehr schöne Geschichte. Insgeheim freue ich mich ein bisschen, dass es so gelaufen ist. Ansonsten hättest Du ja "nur" ein technisch perfektes Foto mit ein paar Zeilen eingestellt.
    So erfahren auch ein paar Leute, welche nicht so oft in der Natur unterwegs sein können, was es manchmal für "Probleme" geben kann.
    Ich betrachte es als Gesamtpräsentation und die ist sehr gut gelungen.
    ;-)
    v.g.
    monty