Wasserwerk Kaiserslautern Vorgestellte Fassade
Schnittstelle oder Presselächeln?
Tief im pfälzer Wald verborgen manifestiert sich mit dem „Haus des Wassers“ von Kerstin Molter ein Versuch der Vermittlung — Vermittlung zwischen Natur und Industrie, zwischen Mensch und Maschine.
Nähert man sich dem Wasserwerk, scheint es sich geduckt im bewaldeten Hang verstecken zu wollen. Die großzügigen Verkehrsflächen um das Gebäude stehen scheinbar im Gegensatz zu dem zunächst recht klein erscheinenden Volumen. Diese „Eisbergspitze“ und die sichtbare Überwachungstechnik auf dem Grundstück lassen eher eine militärische Anlage vermuten. Erst das genauere Hinsehen befreit den Betrachter von dieser Assoziation.
Das in den 1960er Jahren errichtete Wasserwerk an der „Roten Hohl“ liegt südlich Kaiserslauterns am Fuße des Pfälzerwaldes. Der L-förmige Grundriss wächst aus dem Hang heraus und ist als solcher nur von der Nordseite (Unterseite) erkennbar. Funktionale Unterteilungen der beiden Flügel sind zum einen der Wasserspeicher im Hang und zum Anderen die „herausstehende“ Filterhalle. Nach nunmehr 50 Jahren Nutzung war eine umfassende Erneuerung der technischen Geräte notwendig, um bei Spitzenlasten genug Ressourcen bieten zu können. Zu dieser Gelegenheit erhielt der klinker- und waschbetonverkleidete Baukörper ein neues Gesicht, während eine räumliche Neuordnung im Innern einen öffentlichen Bereich ermöglichen sollte. Weitere Veränderungen im Bestand waren Verkleinerungen von Fenstern und Türen, sowie ein hochmodernes Überwachungssystem. Dieses schien dem Betreiber (TWK), angesichts des Sicherheitsbedürfnisses amerikanischer Siedlungen im Liefergebiet, angemessen. Die größte sichtbare Veränderung ist jedoch die vorgesetzte Blechfassade an der Westseite und damit die „Öffentlichmachung“ des Wasserwerks durch repräsentative Räumlichkeiten.
Mit der Annäherung an die dunkle, nachtblau pulverbeschichtete Aluminiumblech-Fassade wird eine wohlproportioniert gegliederte, im Detail durchdachte Gestaltung sichtbar. Der regelmäßige Vorhang formt aus der Fläche einen Kubus als ausgestülptes Entree, welches sich wiederum in einem von zwei Rundsäulen getragenen Vordach abwickelt. Hinter dieser pavillonartigen Eingangssituation wird, abgesetzt durch einen Lichtschlitz, die Altbauwand in grasgrün gestrichenem Wärmedämmverbundsystem dem Hang zugeschlagen. Dieser formt sich als Rasen bis unmittelbar an die Gebäudemauer an. Konstruktiv ist die Blechfassade, die mit einem deutlichen (ca. 50cm) Abstand vor der Altbauwand steht, durch eine eingespannte, stählerne Pfosten-Riegelkonstruktion gehalten. Ein besonderes Augenmerk der Architektin lag auf dem exakten Setzten von Stößen, der sauberen Lösung von Eckdetails und nicht zuletzt der klar definierten Perforation vor dem Eingangsbereich. Diese wurde als Sonderlochung in zwei unterschiedlichen Lochdurchmessern erstellt, um optische Gleichmäßigkeit an den Stößen zu erlangen. Die Untersicht der auskragenden Bauteile ist mit einem fein gewellten Blech bekleidet.
Betritt man das Gebäude durch die Eingangstür in der einzigen Sichtbetonwand der Fassade, gelangt man in das Foyer. Von hier werden rechts über das Treppenhaus die beiden Untergeschosse erschlossen. RAL-reinweiße Innenräume umfangen den Besucher im Erdgeschoss, während der Boden Altes und Neues mit Naturstein und PUR unterscheidet, verdeutlicht die Decke dies durch einen Versprung in der Raumhöhe. Durch die außen perforierte, innen raumhoch verglaste Seitenwand fällt Licht auf raumbezogene Möbel. Die Bar und eine Garderobe mit Hutablage, sowie einige Möbel im Konferenzraum, wurden von Kerstin Molter für den Raum entworfen. In minimalistischer Form und aus weiß beschichtetem MDF gleichen sie den Ausbauten im Treppenhaus. Auf grauen Sockeln und an den Wänden informieren dort auf drei Geschossen Exponate und Tafeln über die Geschichte und Funktion des Wasserwerks. Das weiße Treppengeländer ist ein integrierter Funktionskörper, mit dem Handlauf und über Schlitze belüftete Heizungen in eine Form gegossen werden.
Der Vermittlungsversuch, versorgungstechnische Gebäude für den Interessierten zu öffnen, kann nicht an architektonische Gestaltung gebunden werden, sondern ist eine ehrenwerte Absicht der TWK. Insofern stellt sich durchaus die Frage nach der Angemessenheit. Ist es notwendig, aus einem Wasserwerk ein Museum zu machen? Wer nutzt die Möglichkeiten der neuen Räume? Stehen sie bis auf drei Schulklassenbesuche im Monat leer, oder können sie dann zu mehr als eine „schöne und informative Erschließung“ dienen? Mit in dieses Bild passt die Problematik der Maskenhaftigkeit: Der „Vorhang“ soll als Schönheitsoperation das Alte verdecken. Wer jedoch um das Gebäude herumgeht, wird gezwungenermaßen diese „Verblendung“ erkennen und hinterfragen. Eine Fassade im Sinne der „Konstruktiven Ehrlichkeit“ zu bewerten ist schon aus der unbewiesenen Existenz eben jener nicht angebracht. Dennoch wünscht man sich als Betrachter, nicht seines Glaubens an das vorgespielte „Ganze“ des Gebäudes beraubt zu werden. Ist dies erst der Fall, zweifelt man unweigerlich an der „Echtheit“ des gesamten Umbaues. Der Eingangsbereich ist dagegen tatsächlich eine Aufwertung und spielt eher in der Liga der „großen Geste“ aus der Ermelschen Lehre der TU Kaiserslautern. Vorbildlich kann auch die Detailplanung und Umsetzung bezeichnet werden. Die „fast manische Besessenheit“ (O-Ton Architektin) für gewisse Details bewahrte scharfe Stützenkanten und bescherte schöne Lösungen an sensiblen Anschlusspunkten. Der Pfälzerwald ist nun jedenfalls um eine gut bewachte Attraktion reicher.
Christian Köhler 02/2009
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