Wem gehören die Meere
Einst, in einer Welt, die von uralten und mächtigen Kreaturen beherrscht wurde, erhob sich aus den düsteren Tiefen des Ozeans ein gewaltiges Ungeheuer: der Herrscher über das Wasser. Seine Haut war finsterer als die schwärzeste Nacht, seine Augen glühten in einem teuflischen Rot, und seine monströsen Fangzähne blitzten wie scharfe Klingen. Trotz seines angsteinflößenden Äußeren war dieser Meeresgigant für seinen beißenden Sarkasmus und seine boshafte Ironie bekannt.
Eines düsteren Tages, als ein mickriges Fischerboot auf dem unruhigen Meer trieb, tauchte der Herrscher plötzlich vor den verblüfften Fischern auf. Die Fischer erstarrten vor Entsetzen, unfähig zu sprechen oder sich zu bewegen. Der gigantische Herrscher beugte sich herab, bis seine glühenden Augen in die der Fischer starrten, und sprach mit einer Stimme, die wie ein Donnerhall klang: „Na, wen haben wir denn da? Ein paar erbärmliche Sterbliche, die es wagen, mein Reich zu durchkreuzen?“
Die Fischer waren zu Tode erschrocken, doch einer von ihnen, der mutigste unter ihnen, flüsterte zitternd: „Bitte, großer Herrscher des Meeres, verschone uns! Wir sind nur einfache Fischer und suchen keinen Streit.“
Der Herrscher lächelte höhnisch, entblößte seine unheimlich langen Zähne. „Oh, ich werde euch verschonen, keine Sorge“, sagte er mit triefendem Sarkasmus. „Aber sagt mir, warum glauben winzige, nichtige Kreaturen wie ihr, dass das Meer euch etwas schuldet?“
Die Fischer wussten nicht, was sie sagen sollten, ihre Angst verschloss ihnen die Kehlen. Doch der Mutigste brachte ein Krächzen heraus: „Wir müssen fischen, um zu überleben. Das Meer ist unsere Lebensgrundlage.“
„Ach, das alte Lied“, erwiderte der Herrscher verächtlich. „Immer das Gleiche mit euch jämmerlichen Menschen. Ihr kommt und plündert das Meer, als wäre es euer persönlicher Vorratsraum. Ihr nehmt, ohne einen Gedanken an die anderen Bewohner des Meeres zu verschwenden. Aber glaubt ihr wirklich, das Meer schuldet euch etwas?“
Die Fischer standen sprachlos da, die Angst lähmte ihre Zungen. Schließlich nickten sie nur stumm.
„Sehr gut“, sagte der Herrscher, seine Stimme triefend vor Ironie. „Ich werde euch eine Lektion erteilen, die ihr nie vergessen werdet.“ Mit einer theatralischen Geste seiner gewaltigen Hand ließ er eine gigantische Welle entstehen, die das kleine Boot hin und her warf, beinahe zum Kentern brachte, es aber nicht zerstörte.
„Ihr dürft gehen“, sagte der Herrscher schließlich, seine Stimme nun kalt und bedrohlich. „Aber vergesst nicht: Das Meer gehört niemandem, und schon gar nicht euch erbärmlichen Kreaturen. Behandelt es mit Respekt, oder das nächste Mal wird es keine Gnade geben.“
Die Fischer nickten hastig, ihre Herzen hämmernd vor Angst, und ruderten so schnell sie konnten davon. Der Herrscher lachte leise, ein düsteres, kaltes Lachen, und verschwand wieder in den tiefsten Tiefen des Ozeans, hinterließ die Fischer mit einer Geschichte, die sie in ihren dunkelsten Alpträumen verfolgen würde. Und so lernten sie, dass der Herrscher über das Wasser nicht nur mächtig, sondern auch durchtrieben und erbarmungslos war – eine Lektion in Demut und Furcht für alle, die das Meer zu durchqueren wagten.
Schönen Mittwoch noch.
Michael Zemlicka 29/05/2024 14:14
Heutzutage, so scheint es mir, geht diese Mär den Fischern am A... vorbei. Leider. Vielleicht bräuchte es ein noch fintereres Ungeheuer mit noch weniger Gnade um diesen Gedanken mehr Nachdruck zu verleihen. Gute Arbeit und sehr gute Geschichte!!Ovum 29/05/2024 12:18
Absolut der Bringer ! LG Ovum99.zauberer 29/05/2024 9:40
Traum Deiner letzten Nacht oder willst Du Kleinkindern Angst machen?bernd