Wien und der Tod Teil 6
Narrenturm & Wachsfiguren
So nah die Beziehung der Wiener zum Tod in den vergangenen Jahrhunderten auch war: Leichen galten als Studienobjekte für Medizinstudenten als tabu. Der aufklärerische Geist Joseph II. wusste auch dafür Abhilfe: Er gründete 1781 ein Militärhospital, das Ärzten die Möglichkeit gab, kranke Wiener zu versorgen und gleichzeitig Studien zu betreiben. 1784 wurde das Hospital an den
Ort des heutigen Allgemeinen Krankenhauses verlegt und seitdem ständig erweitert. In dem riesigen Komplex mit den vielen Gartenhöfen befinden sich jetzt zahlreiche Institute der Wiener Universität, eine lebhaft, junge Lokalszene und der berühmte „Narrenturm“. Auf fünf Stockwerken umfasst dieser kreisrunde, im Volksmund als „Gugelhupf“ (eine Süßspeise) bezeichnete Zylinder 139 Zellen, in denen bis 1860 geisteskranke Patienten unterbracht waren. Der Ort hat seinen Schrecken nicht verloren: Heute beherbergt er das Pathologische Museum mit 42.000 Präparaten missgestalteter Körperteile.
Die Möglichkeit zum Studium von Medizin und Chirurgie sollte auch das 1785 gegründete Josephinum bieten, mit dessen Errichtung Joseph II. den berühmten Architekten Isidor Canevale beauftragt hatte. In dem barock-klassizistischen Flügelbau ließ der Kaiser eine umfangreiche Bibliothek einrichten. Das Herzstück aber waren die Wachsfiguren, an denen künftige Mediziner anatomische Studien betreiben konnten. Die lebensgroßen Präparate mit Echthaar lassen sich in edlen Rosenholzkästen bewundern.
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