Runzelkorn


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"Wir singen Lied 777, Strophe 3, 5 und 7!"

Manche Begegnung sollte besser nicht stattfinden.
So wie die neulich mit der frommen Helene. Helene
ist nicht nur fromm, nein, sie ist auch die gefürchtete
Missionarin unseres sowieso sehr gottesfürchtigen
Dorfes. "So geht´s nicht", mahnte sie mich einmal
mehr und drohte vehement mit ihrem heiligen
Zeigefinger. "Du mußt glauben, hier und jetzt mußt
du glauben. Und nicht nur, was du siehst. Denn Unglaube
wird hart bestraft." Wenn ich einmal, also demnächst,
vor Jesus, meinen Herrn, treten würde und hätte des
Glaubens nicht, dann würde ich höllisch verdammt!
"Verdammt!", dachte ich, "das darf nicht sein." Und
ich gab ihr das fromme Versprechen zum Besuch am
Sonntag in ihrer Gemeinde. Wobei krächzende Krähenvögel
auf den Bäumen rundum den Weg dorthin wiesen. Der
blaurasierte Pfarrer hob seinen frommen Kopf, fixierte
einen offenbar wichtigen Punkt oben in der Kirchenkuppel
und beschied uns: "Wir singen Lied 777, Strophe 3, 5 und 7!"
Oh Haupt voll Blut kam mir noch in den Sinn und dann? Aus
schrillen Kehlen johlte es "O Fortuna, O Fortuna". Die
Gemeinde gab sich ihrem unausweichlichen Schicksal hin.
Mit teuflischen Getöse barst die Kirchenkuppel, verglühte
in flammendem Höllenfeuer, das Kirchenschiff versank zu
einer erbärmlichen Ruine und durch das Inferno herab
fuhr er, der Satan, der Luzifer, der Gottseibeiuns. Und die
Gemeinde mutierte unversehens zu seinem schrecklichen
Gefolge. "Ich glaub´s nicht", dachte ich noch...

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