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Zoom in die Kleine Magellan'sche Wolke: 60m f/25 H-Alpha

Zoom in die Kleine Magellan'sche Wolke: 60m f/25 H-Alpha

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Sighard Schraebler


Free Account, Frankfurt am Main

Zoom in die Kleine Magellan'sche Wolke: 60m f/25 H-Alpha

Diese bisher am besten aufgelöste Aufnahme von NGC346 in der Kleinen Magellan'schen Wolke offenbart, was an diesem Objekt so besonders ist. Die Magellan'schen Wolken erscheinen uns als blaue Galaxien mit heftiger Sternentstehung, typisch für die wilde Phase der Galaxienformation vor 5 bis 8 Milliarden Jahren, als die meisten großen Galaxien ihr Gleichgewicht noch nicht gefunden hatten und noch mehr Wasserstoff da war. Offensichtlich ging jedoch die Vorgängergalaxie der Kleinen Magellan'schen Wolke sparsam mit ihren Ressourcen um. Denn wenn man einen tiefen Blick auf diese Gaswolke wirft, dann fehlt etwas!

Man vergleiche mit der Antares-Region: Staub fehlt. In dieser sich auflösenden Gaswolke aus Wasserstoff befinden sich nur wenige schwere Elemente, es handelt sich um primordiale Materie, also wörtlich übersetzt ''so, wie sie am Anfang war''. Die Spektren der Haufensterne bestätigen das Ergebnis: Geringe Metallizität. Astronomen bezeichenen sehr zum Amusement aller anderen Wissenschaftler alle Elemente schwerer als Helium als Metall. Für den Hausgebrauch würde ich ein Metall definieren als etwas, das leitet und spiegelt. Und unter hohem Druck wird auch Wasserstoff metallisch, aber lassen wir die Wortklauberei: Geringe Metallizität, keine von diesen auffälligen Calzium- und Eisen-Linien, die so typisch sind für unsere Sonne, einem Recyclingstern, in den Material aus mindestens zwei Supernovae eingeflossen ist.

Astronomen sind auf der Suche nach den ersten Sternen, als wäre es der heilige Gral der Astrophysik. Was man in diesem Haufen NGC346 beobachten kann, sind die Spektren junger Sterne aus primordialer Materie, im Prinzip so etwas wie die ersten Sterne. Ihre Planeten, wenn die Sternwinde der Nachbarn solche überhaupt zulassen - und das ist zu bezweifeln - wären allesamt Gasriesen, kein festes Land. Schon im Dobson war irgend etwas anders und auffällig an dieser Wolke, damals vermochte ich nicht zu sagen, was mich veranlasst hat, weitere Bilder mit immer größeren Geräten anzufertigen. Aber hier kommt die Lösung: Es ist Materie wie sie am Anfang war, als die ersten Sterne in den Protogalaxien zündeten. Die Säume der Gaswolke kennzeichnen die Region, in der bereits Sterne entstanden sind. Sie sind das Gegenstück der Säulen der Schöpfung im Adlernebel M16. Der extreme Strahlungsdruck der jungen, heißen Sterne treibt den Nebel auseinander und bringt die Globulen an ihrem Rand hell zum Aufleuchten und zieht sie in die Länge, zerkarstet sie, man nennt das Photoevaporation.

Aufnahme mit HST, ca. 60m f/25, 2.4m Öffnung, Wide Field Camera Instrument in der Advanced Camera for Surveys, Ha-Filter F658N, 1542s belichtet am 15.07.2004, Proposal 10248, Reference HST#J92FA3010, Nachverarbeitung in Pixinsight und iPhoto mittels Log DDP Hs und HDRMT. Die ACS Kamera hatte seinerzeit zwei mebeneinander geklebte CCDs. Um den fehlenden Streifen zu belichten, wurde das Bildfeld verschoben und mit einer zweiten Aufnahme aufgehellt. Die Kalibrierung und Entzerrung der Rohdaten lag bereits vor, leider gibt es wenig andere Farbauszüge, Belichtungszeit ist teuer, aber da sie mit staatlicher Unterstützung finanziert wurde, darf und soll auch jeder zugreifen dürfen - sofern man Proposal und Reference angibt.

Habe auch NGC346-Bilder vom VLT mit FORS1-Kamera herausgesucht. Was an vergleichbaren Bildern vom VLT auffällt, ist das enorme Bildfeld, es entspricht fast dem der letzten Aufnahme meiner Serie, nur dass die Auflösung besser und die Sterne kleiner sind, auch wenn nur lächerlich kurz belichtet wurde. Sie nutzen dort immens große CCDs im Vergleich zu dem, was für Amateurastronomen normal ist.

Ebenfalls deutlich ist die Zunahme feiner und feinster Details beim Übergang vom VLT zum Hubble Weltraumteleskop zu bemerken. Es ist offensichtlich, dass die Atmosphäre trotz aktiver und adaptiver Optik im sichtbaren Licht der roten Wasserstofflinie dem VLT enorm zusetzt, nur so ist erklärbar, dass die Hubble-Aufnahme viel mehr Details zeigt als das VLT, Hubble hat nur einen 2,4m Spiegel, beim VLT beträgt der Durchmesser der Öffnung 8,2m. Trotzdem mehr Details zu zeigen, erklärt anschaulich das Dilemma von großer Öffnung und begrenzender Luftunruhe.

Dritte Beobachtung: Die angehenden Profis schreiben zwar im Rahmen ihrer ersten Forschungsarbeiten tolle Artikel, aber sie bekommen ihre Promotion nicht für erstklassige Bildverarbeitung. Da geht noch einiges nach vorne, meines Erachtens ist noch einiges herauszuholen aus den Schatztruhen von NASA und ESA. Die Profis haben das Problem erkannt und adressiert (ob sie es auch frankiert und eingeworfen haben, vermag ich nicht zu sagen): Jeder von uns Astrofotografen ist eingeladen, im Archiv zu stöbern und unter Nennung der Quellen neue Bilder zusammen zu rechnen. Der Amateurastronom Igor Chekalin aus Russland hat im Rahmen der "Hidden Treasures Challenge" seinerzeit eine unsterblich schöne Bearbeitung von M78 vorgelegt und damit eine Reise zum Paranal samt Beobachtungszeit an ESO-Teleskopen gewonnen: http://www.eso.org/public/germany/news/eso1102/

Ausgewählte Arbeiten zu NGC346 und Zugriff auf das HST-Archiv:
http://archive.stsci.edu/ http://archive.stsci.edu/proposal_search.php?id=10248&mission=hst http://iopscience.iop.org/1538-4357/640/1/L29/pdf/20087.web.pdf http://iopscience.iop.org/0067-0049/166/2/549/pdf/65402.web.pdf http://iopscience.iop.org/1538-3881/133/1/44/pdf/205448.web.pdf http://iopscience.iop.org/0004-637X/664/1/322/pdf/71696.web.pdf http://iopscience.iop.org/0004-637X/669/1/327/pdf/71567.web.pdf http://iopscience.iop.org/0004-637X/694/1/367/pdf/apj_694_1_367.pdf http://iopscience.iop.org/0004-637X/740/1/11/pdf/apj_740_1_11.pdf

Commenti 9

  • Wolfgang WYY 15/05/2012 15:08

    Hallo Sighard,
    von mir auch ein wow!
    Gruß, Wolfgang
  • Rainer Knopp 14/05/2012 19:24

    Hallo Sighard,
    Du hast schon Recht , ein eigenes Bild
    am eigenen "Rohr" , ist natürlich was anderes !!!
    Aber zum Trainieren der Bildbearbeitungstechniken
    finde ich die Rohbilder des Hubble auf jeden Fall gut .
    LG Rainer
  • Achim Reinhardt 13/05/2012 0:09

    Wow,
    die hätte ich fast verpasst!
    Sieht wirklich Topp aus!!
    v.g.
    Achim
  • Gertraud Eifert 12/05/2012 18:12

    Hallo Sighard,
    eine beeindruckende, wunderschöne und hervorragende Aufnahme.
    LG und cs Gertraud
  • zirl 12/05/2012 17:16

    Hallo Sighard,

    eine beeindruckende und fantastische Ausarbeitung!!! Es ist unglaublich wieviel an Details und Struktur in dem Bild zu erkennen ist, wenn ich Platz hätte würd ich mir auch so ein Teleskop zulegen ;-)

    Glückwunsch zu diesem Prachtstück

    LG

    Bernd
  • Sighard Schraebler 10/05/2012 23:28

    Hallo Rainer,
    jaja, die robotischen Teleskope, habe schon mit Bradford auf dem Izana und Faulkes North auf dem Haleakala gearbeitet, siehe hier: http://astro.square7.ch/2006bywire/!index.html Allerdings bin ich mit der Zeit zu der Einsicht gekommen, wenn man nicht dabei war, dann war man nicht dabei. Eine Bekannte von der Sternwarte arbeitet nun in Paris und entdeckt weit entfernte Galaxien mit dem VLT auf dem Paranal. Dort war sie noch nie. Mag sein, dass man über einen DSL-Anschluss bedeutende Entdeckungen machen kann, aber für meine Begriffe fehlt ein Stück vom Glück, wenn man nicht dabei war :_)
    http://www.youtube.com/watch?v=JV21cSWSOc4
    LG Sighard

  • Rainer Knopp 10/05/2012 22:24

    Hallo Sighard,
    absolut klasse Bildbearbeitungstechnik, macht richtig Spass im Bild zu stöbern ; )). Wenn es heute möglich ist solch ein Rohmaterial selbst zu verabreiten, sollte mann es auch nutzen, danke für den Tipp. Neben den eignen Bildern aus dunkler Nacht, den Bildern , die über das GRAS- Projekt ( neu -itelescope.net) möglich sind, ist das eine Herausforderung, die man einfach annehmen muß !
    LG Rainer
  • Sighard Schraebler 10/05/2012 9:29

    Hallo Rudi,
    das geht leichter als man denkt. Wenn Du erst mal FITS Format verarbeiten kannst und eine Vorgehensweise, sagen wir eine Stilrichtung entwickelt hast, kannst Du Deine Kunstfertigkeit auch auf VLT- und Hubble-Aufnahmen ausdehnen. Man muss nur eine Idee davon haben, was man sucht und welche Details man herausarbeiten möchte: http://archive.eso.org/eso/eso_archive_main.html http://archive.stsci.edu/index.html LG Sighard
  • Rudolf Dobesberger 10/05/2012 8:09

    Hallo Sighard!
    Unglaublich schöne HST Aufnahme.
    Hab ich das richtig verstanden du hast die Rohaufnehmen mittels PI und iPhoto endverarbeitet?
    Na dann werden wir uns in Zukunft bei den Profis die Rohdaten ausborgen.

    GLG Rudi