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E. W. R.


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Zusammentreffen

Mike Kelley, Petting Zoo (Streichelzoo), Skulptur Projekte Münster 2007

Mike Kelley
*1954 in Detroit/Michigan, lebt und arbeitet in Los Angeles
Projekt: Petting Zoo (Streichelzoo)
Die Engel, die nach Sodom und Gomorrah gekommen waren, dem sprichwörtlichen Treiben ein Ende zu setzen, warnten allein Lot und seine Familie, die Stadt zu verlassen. Obwohl es Lots Frau verboten war, warf sie einen Blick zurück – und erstarrte zur Salzsäule. Die traurige Legende von denen, die sich Gottes Geboten widersetzen, bekommt einen versöhnlichen Ausklang in einem idyllischen Schlussbild: Tiere sollen seitdem zur Säule kommen und das Salz ablecken. Einen Steinwurf vom Münsteraner Hauptbahnhof entfernt inszeniert der amerikanische Künstler Mike Kelley die Legende neu, er erweitert die Szenerie um den Betrachter und lädt ihn ein, in seinen Zoo zu kommen, der alle Tage für jedermann geöffnet ist. Die Tiere dürfen gestreichelt und angefasst werden: Schafe, Ziegen, Ponys, alles Salz leckende Tiere, drängeln sich um die Säule von Lots Frau, die Mike Kelley nach Vorlagen in Kinderbibeln aus seiner Kindheit gestaltet hat. Das Streicheln von Tieren beruhigt Menschen erwiesenermaßen und soll sogar das Leben verlängern. Doch Zärtlichkeiten schaffen auch Abhängigkeiten, und in dem Wunsch, sich selbst und anderen nur das Beste zuteil werden zu lassen, erweist sich Liebe als blind. Befremdlicherweise werden den Tieren Videos vorgespielt. Auf drei Leinwänden werden Filmaufnahmen von drei nach Lots Frau benannten Felsformationen gezeigt, eine am Toten Meer, eine andere in New South Wales in Australien und eine dritte auf St. Helena.

Biographie
Seit seiner Teilnahme an der documenta 9 (1992) und 10 (1997) sowie seiner großen, aus dem Whitney Museum of American Art übernommenen Retrospektive im Münchner Haus der Kunst im Jahre 1995 gehört der US-Amerikaner Mike Kelley auch in Deutschland zu den vieldiskutierten Künstlern. Mit Objekten und Installationen, aber auch Performances lenkt er den Blick auf unterschwellig vorhandene kollektive Ängste und Begehren, die er vor allem in der amerikanischen, religiös geprägten Mittelklasse lokalisiert. Kelley versteht sich als ein 'blue-collar anarchist', der den verklärenden Schleier angeblicher Erinnerungen lüftet und die hinter dieser bürgerlichen Fassade versteckten Verdrängungen und Tabus in seiner Kunst zum Thema macht. Dabei werden die aus dem Dunkel aufscheinenden Welten mal in sublimer, mal in unheimlicher Weise in Szene gesetzt. „Dinge anschauen, Strukturen analysieren, Beziehungen herstellen, dazu schwarzer Humor": Kelleys oftmals sarkastische Arbeiten sind systemkritische Enthüllungen, die als Leitmotiv auch in den vom Künstler kuratierten Ausstellungen wiederkehren.

Commenti 10

  • Lila 17/11/2017 20:56

    was die Leute sich alles einfallen lasen !!!
    L.G. Lila
  • E. W. R. 23/07/2010 20:08

    Lieber Werner, merkwürdigerweise eines der Fotos, das am wenigsten kommentiert wurde. Zwei Menschen treffen zusammen, sie treffen mit der Kunst zusammen, zwei Tiere stecken die Köpfe zusammen, und alles das in einer wirklich prekären Lichtsituation mit Blitz abgelichtet. Übrigens stank es bestialisch; leider ist ein Kunstwerk doch kein Stall oder gar Zoo.
  • † werner weis 23/07/2010 20:02


    eigentlich nix los
    und doch passiert hier so viel

    in diesem Moment, den sich
    das Foto schnappte
  • E. W. R. 22/11/2007 23:29

    ... was sie aber in Wirklichkeit nicht tut; dort läuft ein Film, der natürlich durch den verwendeten Blitz nicht recht sichtbar wird, wie es auch bei dem Bild "Die Bilder laufen machen" der Fall ist. In Wirklichkeit war die "Location" herzlich dunkel, so dass man schon viel Blitzlicht hineingeben musste, was die Fotos meistens nicht besser macht. Was die Erlebbarkeit und Anfassbarkeit von Kunst betrifft, will ich nur sagen, dass es dort ziemlich stank. Übrigens gehörte zu den Tieren zu Anfang auch eine Kuh der Biobäuerin Maria Büning mit Kälbchen, aber dieses empfindsame Tier war nervlich den vielen Menschen, dem Filmgeflacker und auch der zu allem Überfluss dort abgespielten Musik nicht gewachsen, so dass es nach einiger Zeit in den heimischen Stall zurückgebracht werden musste; mit lautem Brüllen hatte das arme Tier seine Depression kundgetan. Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht.
  • Helene Kramarcsik 22/11/2007 7:48

    Tolle und ungewöhnliche Idee des Künstlers, aber wer schon nicht die Aussage des Künstlers versteht, oder auch nicht verstehen will, dem wird Kunst doch erlebbar, anfaßbar und am Ende auch begreifbar nahe gebracht.
    Das zeigt Dein Bild sehr gut. Gleichzeitig habe ich wieder einmal etwas dazu gelernt, denn mir war nicht bekannt, daß es 3 Felsformationen in der Welt gibt, welche an Lots Frau und diese bilbische Geschichte erinnern.
    Die "Salzskulptur" scheint in Deinem Bild den Schatten auf die Leinwand zu werfen.
    LG Helene