Reiner H.


Premium (Pro), 50° 44' 2.37'' N ~ 7° 5' 59.33'' E

: 07 | c a e s a r

Jostein Gaarder schildert in seinem Buch "Maya oder Das Wunder des Lebens" eine a u ß e r o r d e n t l i c h e Begegnung zwischen dem Protagonisten Frank, einem norwegischen Evolutionsbiologen und einem Gecko. Die Geschichte ereignete im Januar 1998 auf der Fidschiinsel Taveuni, die genau auf der Datumsgrenze liegt. Sie gefiel mir sehr, so dass ich sie hier in 24 Teilen wiedergebe ... bis das letzte "Türchen" geöffnet werden kann.
Quelle : ISBN 3-423-13002-4, dtv

| was bisher geschah |
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...
Gordon blickte mich bohrend an und ich hätte nicht für eine Sekunde gewagt, ihn aus den Augen zu lassen. Ich versuchte die ganze Zeit, so zuckersüß zu reden, wie ich nur konnte, und ich glaubte, ihn zumindest bis zu einem gewissen Grad besänftigt zu haben. Er sagte: „Was willst du damit sagen, dass wir viele Millionen Jahre verloren haben ?“

Er kam mir jetzt versöhnlicher vor, fast wie ein schmollender Knabe, der trotzdem will, dass Papa das Märchen zu Ende erzählt, auch wenn die Pralinenschachtel dabei zu bleibt.
„Ihr habt den Wettlauf um die erste Mondlandung verloren. Bei diesem Turnier haben die Nachkommen der Spitzmaus den Sieg davongetragen.“

Ich biss mir auf die Lippe. Wieder hatte ich den Mund zu voll genommen.
„Danke, mehr Frechheiten sind nicht nötig“, sagte er und ich wusste, dass mir das letzte Ultimatum vor einer Katastrophe gestellt worden war, die sich mit dem erwähnten Meteoriteneinschlag messen und noch heute Nacht eintreffen konnte.

Ich sagte: „Ich fürchte, das hast du wieder missverstanden. Das wäre aber dann meine Schuld, denn mitten in der Nacht denke ich nicht immer besonders klar, schon gar nicht, wenn ich nicht … na ja. Aber wie du ganz richtig bemerkt hast, sind wir beide eigentlich Blutsbrüder mit allerlei identischen Gene im Gepäck, wir sind beide fünffingrige Vierfüßer und ich glaube, wir könnten einander besser verstehen, wenn wir nur lernten, den Planeten, auf dem wir leben, als gemeinsame Arena oder Interessensphäre zu betrachten. Dieser Planet hat durch den sinnlosen Einschlag eines verirrten Meteoriten Jahrmillionen verloren, nicht du oder ich oder wir beide, denn wir dürfen nicht vergessen, dass auch das Leben eines Planeten nicht unbegrenzt ist, und eines Tages wird es für die Erde zu spät sein. Ohne diesen zickigen Meteoriten würdest du jetzt auf der Bettkante sitzen und Geschichten erzählen und ich würde auf Insektenjagd durch das Zimmer schwirren. Dazu kann es durchaus noch kommen. Das wollte ich nur sagen. Es kann durchaus noch dazu kommen ! Es herrscht eine prekäre Machtbalance zwischen Vernunft und Unvernunft, zwischen universellem Bewusstsein und ebenso universeller Bewusstlosigkeit, also eine Kosmische Terrorbalance, vor der unsere kleine Meinungsverschiedenheit verblasst: Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass in diesem Gleichgewicht des Schreckens der Verstand David mit seiner armseligen Schleuder spielt, während der massive Unverstand den Riesen Goliath mit einem ganzen Arsenal an wütenden Kometen und Meteoriten spielt. Die Vernunft ist also eine Mangelware, im Vergleich dazu wimmelt es nur so von Eis und Feuer und Steinen, um nicht zu sagen von Verschwendung oder einfach von Öde, denn noch immer schwärmen tausende von zickigen Asteroiden in ihren äußerst labilen Bahnen zwischen Mars und Jupiter. Es braucht nur eine unglückselige Konjunktion und schon gerät einer aus der Bahn und steuert auf die Erde zu. Warte nur ab, in der nächsten Runde können die Primaten ihren Hut nehmen und die Familie Gekkonidae aus der Gruppe Sauria wird federführend im nächsten Versuch der Natur, ein wenig mehr über unser Universum zu begreifen. Die Frage ist nur, ob es dann nicht schon zu spät für die Erde sein wird, denn wer weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt, ehe die Sonne zur roten Riesin wird. Aber ich will mir kein Urteil erlauben, ich wünsche euch alles Gute. Eines Tages werdet ihr vielleicht einen kleinen Schritt für eine Echse machen, aber einen großen für die Natur, und dann könnt ihr daran denken, dass auch wir auf dieser Reise dabei gewesen sind.“

„Du redest zu viel“, sagte er.

| hier findet die Geschichte ihre Fortsetzung |

: 08 | t r a n s . p a r e n t
: 08 | t r a n s . p a r e n t
Reiner H.

Commenti 5

  • Klacky 14/12/2011 18:37

    Für mich ist das eines der schönsten Bilder der Serie.
    Aber dem Schlußsatz kann ich mich nur anschließen.
    Olé!
    Mit nachdrittadventlichem Gruße,
    Klacky
  • gerla 11/12/2011 9:36

    Starke Aufnahme. Minimalistisch gut - aber nicht nur platt sondern mit feinen Strukturen...

    lg gerla
  • majoos 10/12/2011 11:05

    Das Foto ist wunderschön - poetisch. Wie viele Deiner Fotos. Gruß Martina (majoos)
  • DxFx 07/12/2011 20:33

    "du redest zu viel" sagt er *grins*
    zum Bild kann ich nur sagen: "wie mira"
    LG Dorit
  • Mira Culix 07/12/2011 9:20

    Das Bild ist ja hammermäßig! Verwirrend und gut!
    Und der Gecko ist nicht blöd. :-)))
    LG mira