50 Jahre und ein Ende 15
1989 als Zivi
50 Jahre und ein Ende 15
„Delle Delle delle!“
In der Mittagspause muss Hans dem Didi Kartoffelsalat mit Frikadelle reichen. Die hat dem Kleinen nach bekunden des Vaters mal das Leben gerettet. Er hätte plötzlich wieder angefangen etwas zu essen.
Ich muss dann.
„Au au au!“, ruft Didi, als ich mich im Tierpark von ihm verabschiede. Zwei Worte noch zu Brigitte und doch noch eines zu Hans.
50 Jahre lang haben diese jungen Männer immer wieder so ähnliche Geschichten erlebt. Vom Verbrecher (1961 waren es grad mal 300 Kriegsdienstverweigerer), über den Außenseiter, bis hin zum sozialen Bestandteil der Gesellschaft, in den letzten Jahren.
Unterbezahlt, aber beliebt bei bestimmten Krankenschwestern z.B. Und doch immer eingebunden in ein fragwürdiges System, fußend auf der Theorie, dass man seinem Gewissen folgt. Man hätte ja auch einfach auf die Idee kommen können, dass es für bestimmte junge Leute eine bescheuerte Entscheidung gewesen wäre, zum Bund zu gehen.
„Ordnung ist das halbe Leben!“, hat meine Mutter immer gesagt. Die andere Hälfte hat meinen Zivildienst bestimmt. Zum Glück.
Ein Jahr später besuche ich noch einmal meine Klasse am Nymphenweg, in der ich Didi betreut habe. Ursel begrüßt mich befangen. Sie hat reichlich abgenommen und ist immer noch auf der Suche nach der Liebe. Ich allerdings nicht mehr. Bald werde ich heiraten. Zwischen Ursel und mir ist längst alles geklärt.
Brigitte geht in Frühpension. Sie ist ausgebrannt und krank. Was sie hat, weiß keiner so genau. Zwei Kinder aus der Klasse sind gestorben, Didi ist doppelt so viel geworden. Zuviel Frikadelle mit Kartoffelsalat. Hans ist nicht mehr dabei, hat sich nach drei Monaten ausmustern lassen. Der neue Zivi heißt Max und ist aus Leipzig. Deutschland wird in diesen Tagen wiedervereinigt. Didi geht es zunehmend schlechter. Der Professor in der Uniklinik hat aufgehört. Die Medikamenteneinstellung haut nicht mehr so richtig hin.
Wann Didi gestorben ist, habe ich nie genau erfahren.
Nun kommt der Begriff „Zivi“, der uns immer so leicht von der Hand ging in den 80ern und 90ern, auf die Abschussliste deutscher Gewohnheitsbegriffe. Irgendwann wird alles scheinbar professionell in die Hand genommen werden. Junge Leute werden zu Sozialjahr-Bachelors.
Übrigens, auch von Sonja habe ich nie wieder etwas gehört.
13. Januar 2011
Ende
Mango Mandarin 16/01/2011 21:53
ziemlich starke geschichte. gut dass sie in happen kam. mensch, bin echt vom hocker wie du schreiben kannst. prima prima.elvisfirewolf 15/01/2011 1:50
eine liebeserklärung.(eine kleine idee zu langartmig, wie ich finde)
Kay Jung 14/01/2011 0:56
Danke!André Reinders 13/01/2011 21:52
Ich weiß nicht, was besser war: die Bilder oder Deine Texte dazu...einfach gut!!!VLG
André
...AndreasB... 13/01/2011 20:57
immer wieder gern!Baerbel N. 13/01/2011 16:11
Schade.Bernd Ernst 13/01/2011 12:18
vielen dank.:-)
Silvie K. 13/01/2011 11:03
Hab ich gerne gelesen und gesehen. Gute Serie!† stockhausen 13/01/2011 11:02
dein blick hat etwas von einem seeräuber ...Gerhard Körsgen 13/01/2011 11:02
Das hat Spass gemacht !Ich musste auch an meine eigenen Zeiten in diesen Jahren denken.
Ich wollte auch verweigern, Zivi werden.
Dazu kam es nicht weil ich untauglich geschrieben wurde..
Die Geschichte dazu...wäre im Vergleich dann eine Richtung "trainspotting"...;-)
Ziemlich staubfusseliger Scan hier, dein Bild dazu.
Ich plädiere zu mehr Sorgfalt ;-)
LG Gerry
Jutta Schär 13/01/2011 10:27
ja... sehr gelungen undja ... immer ein genuss !
Zwei AnSichten 13/01/2011 10:19
immer ein Genuss !lg Ingrid
Armand Wagner 13/01/2011 10:13
Fotos, Serie + Texte = topsehr interessant allemal
lg Armand
Michael Albat 13/01/2011 10:12
> EndeSchade.