Aus Amerika eingewandert: Walnuss-Fruchtfliege
Unter den Insekten (und selbstverständlich unter den Spinnen) gibt es viele, die wir aus den verschiedensten Gründen nicht mögen, die wir mindestens meiden oder die wir auf der anderen Seite bekämpfen, am liebsten ausrotten möchten. Wir erklären sie zu unseren Feinden.
Im günstigsten Fall sind sie uns einfach nur fremd, sind sie hässlich oder eklig; schlimmer wird es, wenn sie in größerer Zahl auftreten und uns dadurch lästig werden; unhaltbar sind sie mit der Übertragung von Krankheiten oder mit unmittelbarem Verletzen oder Töten.
Man kann – und darf – in solchen Situationen auf das Tier einschlagen, denn das Töten eines Tieres ist naturschutzrechtlich erlaubt, wenn ein „vernünftiger Grund“ vorliegt (Obacht: das gilt freilich nicht für besonders oder streng geschützte Arten, für die ein ganz anderer rechtlicher Maßstab anzuwenden ist, aber wer kennt diese Tiere schon …).
Man sollte aber eines bedenken: Keines dieser lästigen oder im menschlichen Blick schädlichen Tiere will schädigen, verletzen oder gar töten; sie müssen tun, was sie tun, weil sie überleben wollen. Ihr genetisches Programm gibt es so vor, und davon können sie nicht abweichen.
Wir sollten ferner bedenken: In vielen Fällen sind wir Menschen sogar selbst die Ursache und der Ausgangspunkt, die für Schäden in der Landschaft sorgen, und es völlig verfehlt, dies den Tieren anzulasten. Kalamitäten etwa durch den Borkenkäfer im Fichtenforst kommen nur deswegen zustande, weil der Mensch Fichtenmonokulturen anlegt, in denen sich der Käfer rasend schnell und weit ausbreiten kann.
Auch die Walnuss-Fruchtfliege Rhagoletis completa gehört in diese Gruppe. Ihre Heimat sind die zentralen und westlichen Staaten der USA sowie British Columbia in Kanada. 1988 tauchte sie das erste Mal und etwas überraschend in der Schweiz auf; die genauen Vektoren sind nicht aufgeklärt, aber vermutlich hängen sie mit Walnuss-Importen zusammen. Von dort breitete sich die Bohrfliege (Tephritidae) in alle Richtungen aus (Italien – 1991, Slovenien – 1997, Frankreich – 2007, Deutschland und Österreich – 2008, Ungarn – 2011, Spanien – 2013). Und es scheint sicher, dass sie ihr Ausbreitungspotenzial noch längst nicht ausgeschöpft hat und mögliche klimatische Barrieren nach und nach überwinden wird.
Anfang Juli schlüpfen die Fliegen aus den im Boden ruhenden Puppen und fliegen bis Ende August. Etwa eine Woche nach dem Schlüpfen beginnt die Paarungsphase, noch einmal eine Woche später legen die Weibchen ihre bis zu 400 Eier an den noch unreifen Walnüssen ab (alle Arten der Gattung Juglans sind betroffen), jeweils etwa 20 bis 40 Stück pro Nuss. Die Rechnung daraus ist einfach: jede weibliche Fliege kann also 10 bis 20 Früchte „infizieren“. Eine weitere Woche danach schlüpfen die Junglarven, bohren sich durch die Epidermis und fressen im Fruchtfleisch (Pericarp); im schlimmsten Fall hinterlassen sie während ihrer ca. vierwöchigen Entwicklung einen matschingen, schwarzen Brei um die Nuss, die nicht richtig reifen und eine kommerzielle Ernte u.U. um 80 % ausfallen kann. Anschließend lassen sich die ausgewachsenen Larven fallen, kriechen in den Boden und verpuppen sich dort – der Zyklus beginnt im kommenden Jahr von vorn.
R. completa ist mit 5-8 mm Körperlänge kein sonderlich gewandter Flieger und breitet sich, wie man an den obigen Zahlen ablesen kann, relativ langsam aus, kann aber auch durch den Wind verdriftet oder mit Fahrzeugen verschleppt werden. Große und dicht mit Nussbäumen bestandene Plantagen sind besonders gefährdet, weil sich die Fliege hier, in Monokulturen, mehr oder weniger ungehindert vermehren kann. Insofern ist dieses Bild mit dem des Borkenkäfers durchaus vergleichbar. Am Ende muss der Mensch sich fragen, ob das, was er angelegt hat, wirklich eine kluge und nachhaltige Entscheidung gewesen ist – das Tier jedenfalls, das gewissermaßen eine Einladung des Menschen lediglich angenommen hat, trägt keine Schuld daran.
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