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. . . der Letzte seiner Art . . .

. . . der Letzte seiner Art . . .

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Neydhart von Gmunden


Premium (Basic), Hamburg

. . . der Letzte seiner Art . . .

Dieser sonnige Tag war nach langer Zeit mal wieder näher an den Menschen, als bei
den ausgetrockneten Böden. Der Tag neigte sich langsam aber stetig dem Ende ent-
gegen und die Sonne schien nun einladend milde. Also rein ich die Schuhe und blitz-
schnell ins Niendorfer Gehege gefahren, auf einen entspannten Abendspaziergang.
Der Wald war gerade dabei sich auf die Nacht einzustimmen. Es wurde dunkler und
nur über den Wegen brach sich immer mal ein Sonnenstrahl seine Bahn zu mir her-
unter. Ich genoß und schlenderte entspannt und wohlig gestimmt auf meinen eingeüb-
ten Wegen entlang und meine Augen versuchten im Dunkel des Dickichts Besonder-
heiten zu erspähen. Sei es ein aussergewöhnlicher Pilz oder gar Wild, welches sich
immer mal in diesen Wald verirrte. Welch herrliche Ruhe, welch herrliche Abendstim-
mung, welch gute Idee, mich noch einmal auf die Socken gemacht zu haben. So ver-
ging Minute um Minute und ich hatte bald zweidrittel meines üblichen Weges absol-
viert. Der Weg gabelte sich. Halblinks ging es auf direktem Wege zur U-Bahn, rechts
ebenfalls, aber über einen längeren „Umweg“. Ich folgte dem „Umweg“, denn diese A-
bendstimmung war einfach nur wie für mich gemacht. Ich ging durch ein etwas abge-
legenes Waldstück. Es war sehr still und ich hörte das leichte Knirchen unter meinen
Schuhen, während ich Schritt für Schritt dem Sandweg folgte. Irgend etwas stimmte
nicht, spürte ich. Etwas war da, aber auch nicht. Ich blickte mich bedächtig um, um
meine Nervosität zu überdecken. Aber ich konnte nichts erkennen, nichts sehen, was
mir dieses Unbehagen bereitete. Du spinnst, dachte ich bei mir. Aber mein Verstand
konnte sich nicht gegen mein Gefühl behaupten. Ich spürte, wie leichter Schweiß mei-
nen Oberkörper bedeckte. Ich schüttelte den Kopf und dachte laut: mensch Neydhart,
da ist nichts, reiss Dich zusammen. Du schaust jetzt noch einmal ganz in Ruhe um
Dich und dann gehst Du zielstrebig zur U-Bahn, Punkt ! Ich blieb stehen, auch, weil in
diesem Moment ein heller Sonnenstrahl sich seinen Weg durchs Blätterdach bahnte.
Wie meine Augen meine Umgebung Meter für Meter „scannen“, da sehe ich an einem
breiten Baumstamm in etwa 3 Metern Höhe einen Schatten. Es ist mehr ein Profil, das
Profil eines Kopfes. Und wie ich genauer hinschaue, da sehe ich zu meiner Überrasch-
ung das Profil eines Indianerkopfes, in voller Kriegsbemalung. Seit Pierre Brice uns
Winnetou ins Wohnzimmer brachte weiß ich, das Indianer gut sind und ich mir also
keine ernstaften Sorgen um mein Leben machen muß. Haare auf dem Kopf habe ich
eh nur wenige. Ob es sich um einen regionalen Ureinwohner handelt, fragte ich mich;
vielleicht der letzte seines Stammes ? Wild gab es hier kaum, so das er von irgend et-
was anderem Leben mußte. Nur von was ? Ich zückte spontan meine Geldbörse. 30
Euro in Scheinen waren darinnen. Ich holte sie hervor und hob die Hand mit den Geld
scheinen in die Höhe. Der Indianer konnte das Geld sehen. Er sah auch, in welchen
Baumspalt ich das Geld für ihn steckte. Dann ging ich entspannt weiter. Von diesem
Geld konnte er sich zumindest an der Dönerbude für ein paar Tage sein Abendessen
kaufen und seinen Hunger stillen. Der Vorteil einer Weltstadt ist der, Du kannst ausse-
hen wie Du willst, es fällt eh nicht mehr auf. Stadtluft macht frei, schoß es mir plötzlich
durch den Kopf und beschloß, möglichst alle 14 Tage mal ein paar Euro in den Baum-
spalt zu stecken. Winnetou zum Gedenken !

Commenti 18

  • Marina Luise 14/09/2021 20:23

    Ich sehe da einen Hasen mit einerm schrâgen Elchtatoo auf der Wange und herabhängenden Mundwinkeln, als habe man ihn gefragt, ob er nicht mit dem Nikolaus tauschen will! ;)
    • Neydhart von Gmunden 15/09/2021 11:53

      Das ist eine gute und spannende Wahrnehmung, die Du uns nicht
      vorenthalten möchtest, toll.
      Allerdings stellt sich die Frage, wie es ein Hase schafft, 3 Meter
      hoch in einen Baum zu klettern ? Möglich ist natürlich, dass es ein
      ausgeprägter Langohr-Hase ist, der zudem seine überlangen Oh-
      ren wie  Propeller so schnell drehen kann, das er tatsächlich vom
      Boden abhebt. 
      Grüße aus einer ruhigen Bodenhaltung .....
    • Marina Luise 15/09/2021 12:05

      Sein Kumpel heißt Giraffen-Ede! ;)
  • Runzelkorn 11/09/2021 15:00

    Ich hab sie auch gesehen, Deine Rothaut. Das ist schon ein paar Tage her.
    Und daß sie sich in Deinen Wald zurückziehen wird, das konnte man damals
    noch nicht ahnen. Liegt wohl am unverhofften Regierungswechsel in diesem
    Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
    Vom Trachten nach Trumpis Haartracht
    Vom Trachten nach Trumpis Haartracht
    Runzelkorn
  • Kerstin Stolzenburg 11/09/2021 14:29

    Spannend! Ich bin leider noch nie einem echten Indianer begegnet, dafür aber kürzlich in eine Diskussion um den Begriff 'Indianer' geraten. Habe auf einem Poster deren Wissen um alte Heilpflanzen erwähnt und wurde gleich darauf angesprochen, dass man "Indianer" nicht mehr sagen dürfte, weil es rassistisch sei. Mir war das völlig neu und unverständlich, weil ich es ja sogar mit ganz besonders positiven Eigenschaften verknüpft hatte. 
    Nach längerer Recherche ... man darf es doch noch sagen:
    https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&url=https://ggr-law.com/darf-man-noch-indianer-sagen/&ved=2ahUKEwjO28PV8PbyAhUnM-wKHVgSCB8QFnoECEcQAQ&usg=AOvVaw0s-9R0SWRBhHJP3q35MNOk&cshid=1631362732557
    Ich für meinen Teil habe nie etwas Negatives in der Bezeichnung "Indianer" gesehen, zumal der Name ja eine Herleitung von Indien zu sein scheint, das Kolumbus zu finden gedacht hatte und der demnach einen rein geschichtlichen Hintergrund hat,  und wundere mich manchmal, wieso plötzlich überall Rassismus vermutet wird, wo gar keiner ist oder war.
    Soweit mal kurz als Annäherung an das tolle Portrait! :)
    LG. Kerstin
    • Neydhart von Gmunden 11/09/2021 16:11

      Liebe Kerstin,
      danke für Deinen Besuch und Deine nachdenklich stimmende
      Rückmeldung. Früher hatte die Partei immer Recht, jetzt sind
      es die Stubengelehrten der neuen Generation. Ich bin über so
      manche Entwicklung hier im Lande nicht glücklich und ich ver-
      stehe immer mehr, warum unsere Eltern und deren Eltern so
      oft sagten: früher war alles (vieles) besser. Bei mir schließt sich
      langsam der Kreis des Alt-Jung-"Kofliktes", den ich ja selber in
      jungen Jahren entfacht hatte, wenn ich dachte, was erzählte der
      Alte da, das interessiert doch keinen, diese Geschichten von Vor-
      gestern. Wenn ich mit jungen Leuten über mein Leben spreche,
      dann sehe ich in ihren Augen und in ihrer Reaktion genau diese
      gleichen Gedanken: der Alte soll doch seine Klappe halten, der
      stammt ja aus der Mottenkiste von vor 100 Jahren.
      Liebe Kerstin, ich erkläre mich hiermit und mit sofortiger Wirkung
      zum Stadt-Indianer von Hamburg. Hug, ich habe gesprochen und
      wer das nicht verstehen und anerkennen will, dem nehme ich sein
      Skalp, also seinen Haarschopf.
      Ich wünsche Dir ein entspanntes Wochenende,
      Neydhart
  • peju 10/09/2021 14:39

    Stadtindianer...ja, so einer musste das gewesen sein. Die natürlichen sind ja eher Landbewohner, denen man ihr Land entwendet hat.
    Gerne empfehle ich Annie Proulx 'Aus hartem Holz' dazu...aber wenn man auch Bergleute mit auf dem Schirm hat: Hampitt Holbachs Odyssee...

    https://www.deutschlandfunk.de/annie-proulx-aus-hartem-holz-vom-sisyphos-zum-waldherrn.700.de.html?dram:article_id=390580
    https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Elmar-Engel+Hampitt-Holbach-s-Odyssee-Canada-1896/id/A024IVKE01ZZW

    ...und dann las ich 'Indianer' wäre so ein I-Wort und man wäre gut beraten dafür andere Begriffe zu verwenden.... keine Ahnung warum
    Gruß
    Peter
    • Neydhart von Gmunden 11/09/2021 9:36

      Lieber Peter,
      danke für Deine inspirierende Anmerkung. Die literaischen Hin-
      weise sind angekommen und notiert, stehen aber ja auch weiter-
      hin hier für alle lesbar zu Verfügung. Toll !
      Als Kind las ich eine Buchreihe, die in der Kirchenbibliothek für
      alle Lesefreunde zur Verfügung standen. Es gab eine 12 oder 20
      bändige Reihe über die großen Häuptlinge, ihre Geschichte, ihre
      Kämpfe und ihre Niederlagen. Das hatte mich sehr geprägt.
      Dann das Buch "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses"
      von Dee Brown.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Begrabt_mein_Herz_an_der_Biegung_des_Flusses
      Insgesamt waren dies für mich schmerzhafte Stunden und Zeiten,
      die aber leider nie ihr Ende fanden. Vietnamkrieg, Chile, Portugal,
      Griechenland, Irak und und und ...... und jetzt die Natur und die
      darin lebenden Tiere und Menschen. Es scheint nicht enden zu 
      wollen, nur mit dem eigenen Ende, dem Tod.
      Liebe Grüße in die Metropole des leichten Frohsinns,
      Neydhart
  • Marion Jäger 10/09/2021 10:41

    Bild und Text sind wieder mal genial
  • HJ.B. 10/09/2021 8:01

    Du spendest für Indianer.
    Klasse!
    Ich habe noch nie gelesen, dass Indianer morden, vergewaltigen, klauen, provozieren.
    Diesem Gast hätte ich auch 30 Euro geschenkt.
    Herzliche Grüße
    Hans Jürgen.
    • Neydhart von Gmunden 10/09/2021 9:10

      Lieber Hans Jürgen,
      immerhin standest Du mit bei meiner Spendenaktion Pate,
      im geistigen Sinne.
      Sandler König Eberhard
      Sandler König Eberhard
      HJ.B.

      Natürlich geht es auch mir immer wie Dir; vielleicht liegt es
      einfach daran, das ich aus einer einfachen Bergarbeiterfami-
      lie komme und meine Kindheit und Jugend unter Bergarbei-
      terfamilien zugebracht habe. Da hilft man wo und wenn man
      kann. Liegt wohl im Blut.
      Glückauf, Neydhart
  • Morrighan 09/09/2021 19:10

    Du irrst im Wald umher und verteilst Kohle - Klasse - ich wohn auch am Waldrand - kannst gern vorbeikommen! ;-)
    • Neydhart von Gmunden 10/09/2021 9:03

      Nun, Du gehörst zu der Menschengruppe, die nicht vom Aus-
      sterben bedroht ist, auch wenn die Rahmenbedingungen im
      Osten auch nach 30 Jahren westdeutschen Missionswerk im-
      mer noch zu Wünschen übrig lassen. Immerhin haben wir uns
      bei euch nicht so verhalten, wie zuletzt in Afghanistan. Das ist
      doch schon mal etwas positives und weckt Hoffnung auf bes-
      sere Zeiten.
      Grüße aus der Morgenwelt.
  • Runzelkorn 09/09/2021 18:27

    Deine Texte sind ja noch länger als meine.
    Ich hab mir mal das Wochenende freigenommen...
    • Neydhart von Gmunden 10/09/2021 8:58

      Lieber Runzelkorn,
      man muß es verstehen können, sein Wochenende genußvoll zu
      verbringen, Kompliment !
      Du bist ja mehr ein Dichter und Lyriker und mußt von daher ver-
      dichten und verkürzen, während ich mehr aus dem politischen Dis-
      kurs komme und mich 30 Jahre überwiegend mit Sozialpädagogin-
      nen abstrampeln musste. Du weißt, die Gespräche und Diskussio-
      nen enden da nie. Wobei ich eingestehen muß, das ich mir in die-
      ser Zeit immer mehr weibliche Züge angeeignet habe, in so einer
      Art "geistigen Transplantation". Ich erwische mich dabei, immer öf-
      ter und länger vor Schuhgeschäften zu stehen. Neulich überlegte
      ich, vielleicht eine Geschlechtsumwandlung vornehmen zu lassen.
      Damit träge ich der gegenwärtigen Genderdiskussion Rechnung
      und käme vielleicht in den Bundestag und hätte ausgesorgt. Zu-
      mindest würde ich mein männliches Leben um Jahrzehnte überle-
      ben und nebenbei die Rentenkasse plündern.
      Grüße aus der Morgenzeit.