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Die blaue Unterhose des Don Alfredo (Teil 5)

Die blaue Unterhose des Don Alfredo (Teil 5)

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die Maike


Premium (Pro), aus analogen Beweggründen

Die blaue Unterhose des Don Alfredo (Teil 5)


Neapel
Krimi: Der Dicke
Fotografie: ich
:o)




Teil 1 - 4:

Der Betonschuhmacher
Cartella Der Betonschuhmacher
(6)

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Teil 5


Luigi war aufs Neue von der Gerissenheit des Don Alfredo überrascht.
Jeder, der Don Alfredo aus früheren Zeiten kannte, wusste, dass Don Alfredo ein Verfechter des Luxus und eines überschwelgenden Lebens war. Schließlich war er damals einer der ersten, der sich eine der ersten Kühlschränke mit integriertem Eiswürfelfach, 3-Zonen-Gefrierfach und Edelstahloberfläche für damals läppische 50 Millionen Lire bei einem Homeshoppingkanal in den Emiraten bestellt hatte. Doch nun belehrte ihn der Don eines Besseren.
Der Don hatte sein Lager in einem heruntergekommenen Hinterhof in der Via San Giacomo aufgeschlagen. Das Haus hatte teilweise keine Fenster mehr, die Türen hatten schon bessere Zeiten gesehen und auch das ganze Drumherum hatte eher den Charme einer äthiopischen Lehmhütte. Und wie als Insignie seines Territoriums hatte Don Alfredo eine lange, blaue Baumwollunterhose vor die Tür gehängt. Die langen Unterhosen des Don waren eine der Schrulligkeiten, für die der Schlächter von Neapel bekannt war. Blaue Unterhosen und braune Kuschelhäschen im Bett. Von letzteren gerne zwei und vierbeinige. Seine langen Unterhosen trug er selbst in der größten Sommerhitze. Und das nur, weil er mal gelesen hatte, dass Spermien Wärme liebten. Als ob das bei einem fast siebzig jährigen Exmafiosi noch erforderlich wäre.

Luigi musste schmunzeln.
Der Don führte Luigi und Vito in einen großen Raum, den er wohl als Wohnzimmer nutzte. Somit war das Schicksal von Luigi besiegelt. Er war jetzt einer von "ihnen". Er war nicht mehr länger nur der Betonschuhschuster. Er war jetzt einer der Bosse. Jetzt war es seine Bestimmung, ebenfalls lange Unterhosen zu tragen.
Man erzählte sich viel über die Möglichkeiten, die einen zum Familenmitglied machetn. Die bekannteste war wohl der Kuss des Paten. Der konnte aber auch bedeuten, dass man schnellstens seine Sachen regeln sollte, weil man nicht mehr oft die Möglichkeit haben könnte, vor den Pfarrer zu treten. Somit war das eher ein unsicheres Zeichen. Die andere Möglichkeit war, dass man in das Wohnzimmer als den heiligen Gral der Bruderschaft eingeladen wurde. Und wer dann noch die Unterhosen des Chefs zu sehen bekam, war mehr als ein Untergebener. Das war der größte Ehrenerweis, den ein Pate bringen konnte. Es machte den anderen zum Bruder.

Luigi und Alfredo unterhielten sich bis spät in den Abend. Alfredo erzählte von seiner Zeit im Exil. Von seinen Verwandten in Chicago, die ihm einen Platz in ihren Reihen und damit einen Neuanfang anboten. Von den Frauen. Und schließlich von den „Geschäften“ die er bei den Franzmännern angeleiert hatte. Kurz nach zehn machte sich Luigi zum gehen fertig. Er dankte Alfredo für den Tag. Und für das Vertrauen, das er ihm entgegenbrachte. Er versprach ihm, dass er sich immer auf seinen guten alten Freund Luigi verlassen könne.

Luigi wand sich zur Tür um, als ein lauter Knall den Raum erfüllte.
Don Alfredo warf sich mit der Reaktion eines Zwanzigjährigen hinter die abgewetzte Couch. Luigi blieb vor Schreck wie angewurzelt stehen. Vito, der wie die Stunden zuvor statuengleich an der Tür stand, machte ein entsetztes Gesicht und blickte langsam den Kopf senkend auf seinen Bauch, den er mit beiden Händen hielt, als könne er auseinander bersten. Zwischen seinen Fingern rann dickes, dunkelrotes Blut.
„Vito, Vito, Vito!“ ertönte eine dunkle, furchteinflößende und vor Verachtung triefende Stimme vom offenen Fenster des Balkons aus in den sonst stillen Raum. „Wie oft habe ich dir gesagt, dass du eine Brille brauchst. Aber du wolltest mir ja nicht glauben. Das hast du jetzt davon!“
„Francesco, Du Ratte!“, schrie Don Alfredo, der immer noch hinter der Couch zusammengekauert lag, jetzt aber seinerseits eine neun Millimeterwaffe in der Hand hielt. „Erst jagst Du mich durch Verrat aus dem Land, und nun erschießt Du meinen besten Freund vor meinen Augen. Wieviel hat man dir für Deine Ehre gezahlt?“
Don Alfredo war rot angelaufen. Er sah aus wie eine überreife Tomate, die zulange in der Sonne gelegen hatte und nun zu platzen drohte. „Zeig Dich, Du elender Feigling. Stell dich wie ein Mann und erzähl mir nichts von Ehre. Ich habe Ehre. Du warst es, der damals meinen Bruder Massimo hat umbringen lassen. Und das obwohl er Dir immer treu zur Seite stand, also erzähl DU mir nichts von Ehre!“
Don Alfredo erhob sich langsam. Er wollte den Verräter ein letztes Mal sehen. Er wollte demjenigen in die Augen schauen, der ihm die letzten Jahrzehnte gestohlen hatte. Er wollte ihm das Herz bei lebendigem Leib aus der Brust reißen und es den Fischen zum Fraß vorwerfen. Die beiden schienen sich eine Ewigkeit anzublicken, zu mustern und einzuschätzen.

Sie waren wie Brüder. Damals wie heute. Sie kannten einander wie kein anderer. Sie wussten, was der andere dachte. Schließlich waren sie Zwillinge.

Luigi wurde durch einen erneuten Knall aus seiner Lethargie gerissen. Er sah aus beiden Mündungen gegenseitige Feuerstöße schmettern. Kurz danach fielen die beiden Brüder zu Boden. Luigi wusste nicht, was passiert war. Es machte aber jetzt auch keinen Unterschied mehr. Francesco war sofort tot. Die Kugel aus Alfredos Waffe traf sein Herz so genau, wie der Pétanque-Weltmeister das Schweinchen. Luigi eilte zu Don Alfredo, der röchelnd hinter dem Sofa lag. „Luigi,“ röchelte der Pate. „Luigi, ich muss dir noch was Wichtiges erzählen. Komm her. Es wird dein Leben verändern.“ Und der Don hatte Recht. Es veränderte Luigis Leben. Von Grund auf.

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< das Finale folgt dann morgen :-) >

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