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Premium (World), Berlin

Die Weltbühne

[Südwestkirchhof der Berliner Stadtsynode, Stahnsdorf bei Potsdam • 9. September 2023]
(Sorry, viel Text – und nur für literarisch-zeitgeschichtlich Interessierte.)

Siegfried Jacobsohn (28. Januar 1881 Berlin – 3. Dezember 1926 ebenda)
Ehrengrab der Stadt Berlin im Block Charlottenburg

Der evangelisch geführte Friedhof ist überkonfessionell, also auch für jüdische Gemeindemitglieder.
Siegfried Jacobsohn war Theaterkritiker und gründete mit dieser Absicht 1905 die Wochenschrift "Die Schaubühne".
Nach Öffnung für Politik- und Wirtschaftsthemen wurde daraus 1918 "Die Weltbühne".

Trotz der niedrigen Auflage wurde das Blatt zu einem Leuchtturm des (auch investigativen) Qualitätsjournalismus.
Heute böte sich ein Vergleich mit "DIE ZEIT", "Der Spiegel", "FAZ"-Feuilleton und "WirtschaftsWoche" an.

Die Autorenliste liest sich wie das "Who's who" der linken und antimilitaristischen intellektuellen Elite der Deutschen,
z.B. Lion Feuchtwanger, Erich Kästner, Else Lasker-Schüler, Erich Mühsam, Carl Zuckmayer und Arnold Zweig
sowie Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky, die nach Jacobsohns Tod das Blatt herausgaben.

1931 veröffentliche Tucholsky seinen zeitlosen Ausspruch "Soldaten sind Mörder."
Die Wochenschrift gewann den Prozess gegen die Reichswehr, aber ab 1933 war der Rechtsstaat tot.
Herausgeber und Autoren ließen das Blatt bis 1939 im Exil drucken.

Nach dem Krieg ging es in Ost-Berlin weiter – gegen den erfolglosen Widerspruch des Jacobsohn-Erben.
Die hohe journalistische Qualität wich erstaunlicherweise nicht völlig der stalinistischen Propaganda.
Nur der pazifistische Grundton passte nicht mehr ins Weltbild, nachdem die Alliierten das NS-Regime besiegt hatten.

1967 bis 1971 kehrte der Exil-Herausgeber von 1934, Hermann Budzislawski, auf den Chefsessel zurück.
1993, im wiedervereinigten Deutschland, musste "Die Weltbühne" Insolvenz anmelden.
Grund war nicht nur Leserschwund, sondern die in Vorleistung an Peter Jacobsohn ausbezahlten Titelrechte.
Eine Wiederbelebung unter seiner Ägide lehnte er leider ab, der Titel ist somit gestorben.

Seit 1997 werden dennoch zwei Nachfolge-Wochenschriften produziert:
"Ossietzky" in Hannover und "Das Blättchen" (wie es Tucholsky seinerzeit nannte) im Berliner Weltbühne-Verlag.
https://www.ossietzky.net/https://das-blaettchen.de/

Commenti 6

  • ralf mann 21/09/2023 16:28

    Überkonfessionelle Friedhofsführung finde ich gut ... hätte gern gewusst, seit wann das möglich ist und ob es auch von allen Seiten angenommen wird.
    Ja, die 'Weltbühne' und deren Verleger sind in der Tat ein Begriff, aber schade, dass sie in den 90ern von der Bühne verschwunden ist.
    Gut, daran zu erinnern! Gruß Ralf
    • smokeonthewater 21/09/2023 20:43

      War schon von Anfang an möglich: Dort liegen auch Katholiken und assimilierte Juden.
      Der Alte St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin, von dem Teile hierher nach Stahnsdorf verlegt wurden, hat das auch schon immer so gehandhabt. Heute gibt es dort sogar muslimische Gräber, zumindest für Kinder; die erwachsenen Muslime haben zwei eigene Friedhöfe.
      Muslimische Sternenkinder
      Muslimische Sternenkinder
      smokeonthewater
  • Vitória Castelo Santos 21/09/2023 14:12

    Gut von Dir fotografiert.
    LG Vitoria
  • anne47 21/09/2023 10:25

    Leider haben die geschichtlichen Entwicklungen oft einen großen Einfluss auf die Existenz solcher Zeitungen. Mir war dieses Blatt völlig unbekannt.
    LG Anne
    • smokeonthewater 21/09/2023 12:28

      Vor allem Tucholsky, der Dir sicher ein Begriff ist, wurde überhaupt erst populär durch seine Satiren in der Weltbühne, wo er oft unter den Pseudonymen Ignaz Wrobel, Theobald Tiger und Peter Panter schrieb. Im Gedächtnis bleibt dann eher der Autor und nicht das Blatt.
  • Fotobock 21/09/2023 0:34

    Interessant. Lg Barbara

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Obiettivo DT 16-300mm F3.5-6.3 SSM
Diaframma 4.5
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