Eigengewächs

Eigengewächs

Die Stadt Blankenburg im Harz verbinden viele Eisenbahnfreunde mit dem Ausgangspunkt der bekannten Rübelandbahn, der einzigen in Deutschland mit 25.000 Volt elektrifzierten Eisenbahnstrecke.

Das in der 20.000 Einwohner zählenden Stadt allerdings auch Eisenbahnfahrzeuge entwickelt und gebaut wurden wissen vermutlich schon erheblich weniger...

Die Geschichte der kürzlich durch die VIS Verkehrs Industrie Systeme GmbH Halberstadt übernommene FEW Fahrzeug- und Entwicklungswerk Blankenburg GmbH reicht bis in das Jahr 1873 zurück. Zu DDR-Zeiten firmierte der Betrieb als Deutsche Reichsbahn Forschungs- und Entwicklungswerk des Verkehrswesens (FEV), die Aufgabe lag - wie der Name schon sagt - in der Konzeption und Entwicklung von neuen Fahrzeuge und Geräten für den Bahnbetrieb, unter Anderem Baumaschinen und Waggons.

Durch den Zusammenschluss von Deutscher Bundes- und Reichsbahn im Jahr 1994 gelangte das Werk zur Deutschen Bahn. Um speziell bei Transporten von Aushub oder Bauschutt wettbewerbsfähig zu bleiben entwickelte die nunmehr als FEW bezeichnete Tochter bereits 1993 zwei Prototypen vierachsiger Kastenkippwagen mit zweiseitiger Entladung. Während der eine Wagen mit einer Mulde ab 1994 gebaut wurde folgten die Wagen mit zwei Mulden ab 1996. Andere Werke lieferten Komponenten nach Blankenburg, unter Anderem kommen die Drehgestelle aus dem DB-Werk Halle, die Wagenkästen aus Kaiserslautern und Niesky (Deutsche Waggonbau AG).

Gegenüber früheren Konstruktionen mit Schwerkraft- oder pneumatischer Entladung wurden bei den als Fans 128 bezeichneten Waggons ein Achsgenerator (auf der obigen Aufnahme an der zweiten Achse von rechts zu erkennen) verbaut, welcher eine Batterie auflädt die bereits nach einigen Kilometern Fahrt ausreichend Energie liefert um den Kippvorgang einzuleiten. Dies ist besonders dann von Vorteil, wenn keine ausreichende Druckluftversorgung von der Lokomotive gewährleistet werden kann oder keine Lok zur Entladung vorhanden ist.

Elektrische Zahnradpumpen sorgen dann für den Druckaufbau im Hydrauliksystem, mit welchem die Mulden mittels jeweils zweier Zylinder entweder nach links oder rechts gekippt werden können. Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit zwischen einer sogenannten Weit- oder Nahentladung zu unterscheiden: Dabei werden die seitlichen Entladeklappen oben oder unten festgelegt, so dass bei der sogenannten Nahentladung (oben verriegelt) die Ladung direkt über die Lademuldenkante austreten kann. Bei der sogenannten Weitentladung werden die Klappen unten verriegelt und klappen um 90 Grad nach unten auf, so dass diese wie eine Art Rutsche funktionieren. Durch die relativ niedrige Entladehöhe von dann nur noch 30 Zentimeter über Schienenoberkante eignet sich diese Entladeform allerdings vorzugsweise für höher gelegene Entladegleise oder Bunkerentladung. Der Entladeprozess lässt sich über ein Bedienfeld eingeben und erfolgt anschließend automatisch, ein Teil der Wagen verfügt zudem über eine Handbremse.

Im Bereich des Güterbahnhof Fulda konnte ich mit dem 33 53 6770 044-0 wieder einmal einen Wagen ablichten, welchen DB Cargo an seine Auslandstochter in Rumänien abgegeben hat. Welche frühere DB-Nummer der Wagen einmal trug ließ sich leider nicht herausfinden, denn der "Nummerkreis" der 700 seinerzeit gelieferten Waggons lautete auf die Zahlenfolge 677 0 100 bis 799.

Quellen: dybas.de, eurailpress.de, Wikipedia & eigene Aufzeichnungen

Aufnahmedatum: Montag, 30. März 2020 - 4:41 Uhr