Sabine Kuhn


Premium (Pro), Herne

. . . heute will ich dir zu liebe rosen fühlen . . .

Heute will ich dir zu Liebe Rosen
fühlen, Rosen fühlen dir zu Liebe,
dir zu Liebe heute lange lange
nicht gefühlte Rosen fühlen: Rosen.

Alle Schalen sind gefüllt; sie liegen
in sich selber, jede hundert Male,
wie von Talen angefüllte Tale
liegen sie in sich und überwiegen.

So unsäglich wie die Nacht
überwiegen sie den Hingegebnen,
wie die Sterne über Ebnen
überstürzen sie mit Pracht.
Rosennacht, Rosennacht.

Nacht aus Rosen, Nacht aus vielen vielen
hellen Rosen, helle Nacht aus Rosen,
Schlaf der tausend Rosenaugenlider:
heller Rosen-Schlaf, ich bin dein Schläfer.

Heller Schläfer deiner Düfte; tiefer
Schläfer deiner kühlen Innigkeiten.
Wie ich mich dir schwindend überliefer
hast du jetzt mein Wesen zu bestreiten;

sei mein Schicksal aufgelöst
in das unbegreifliche Beruhen,
und der Trieb, sich auf zu tuen,
wirke, der sich nirgends stößt.

Rosenraum, geboren in den Rosen,
in den Rosen heimlich auferzogen,
und aus offnen Rosen zugegeben
groß wie Herzraum: dass wir auch nach draußen
fühlen dürfen in dem Raum der Rosen.

Rainer Maria Rilke [1875–1926]



Zur Bedeutung der Rose(n):
In der Ikonographie der christlichen Mystik weist die Rose – wegen ihrer Schönheit,
ihres Duftes und ihres Gestaltgeheimnisses von jeher hoch geschätzt und wegen ihrer vorwiegend
roten Farbe das uralte Sinnbild der Liebe – entweder auf die Schale, die
das Blut Christi auffängt, oder die Verwandlung der Tropfen dieses Blutes
oder auf die Wunden Christi selbst hin.
In diese Symbolik gehört die Schale des Grals sowie die himmlische Rose (rosa candida)
der „Göttlichen Komödie“ Dantes. Damit ist zugleich die mystische Rose
der Marienlitanei angesprochen.

Im Mittelalter war die Rose ausschließlich Attribut der Jungfrauen.
Eine fünfblättrige Rose im Nimbus über Beichtstühlen ist ein Zeichen der Verschwiegenheit.
Die Fensterrosen romanischer und gotischer Kirchen stehen mit der astralen Kreissymbolik in
Zusammenhang und gehen auf mesopotamische Vorbilder sowie auf syrische
und koptische Modelle (Sonnenrad, Kreis der Tugenden, Märtyrer- und Engelreigen) zurück. …
Soweit Rosetten ein Christusmonogramm, das Zeichen der ewigen Sonne, umgeben,
beschwören sie die Hoffnung auf das ewige Leben, die himmlische Stadt.
Luther wählte beispielsweise die Rose als sein Familienwappen.

[Aus: Gerd Heinz-Mohr, Lexikon der Symbole]





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Commenti 9

  • Sabine Kuhn 16/08/2016 22:45

    Hallo Axel, die Location stimmt wohl!!! Merci :-)
    Ja - die Perspektive gen Himmel hat auch was!!!
  • Der Westzipfler 04/11/2011 10:55

    Die Rosen hätte ich beinahe vor lauter Moos und Flechten gar nicht gesehen. ,.-)))
    Auch sehr gelungen, vor allem Bildaufteilung und S/W-Umsetzung. Wunderbar verwittert dieses Grabensemble.

    GLG aus Aachen,

    Markus
  • WolfTek 23/10/2011 23:08

    Diese Bilder von Dir liebe ich!
  • Zarafa 23/10/2011 18:40

    Wie gewohnt von dir, ein wunderbares Bild mit sehr guter Info!!! Liebe Grüße Doris
  • Schoengeist 17/10/2011 19:23

    Sehr viele Infos zu den Rosen, sogar in den Anmerkungen.... Rosen, Zeichen der Liebe...

    Und neben ihr der Sarg, ein Behältnis, das Ende bedeutet, etwas wird darin zu Grabe getragen, es hat aufgehört zu existieren, vorbei, kein zurück. Je nachdem, woran man glaubt, ein Ende kann auch einen Neuanfang bedeuten, es muss also nichts wirklich endliches sein. Aber er deutet eine schwere Zeit an, eine Zeit, die gebraucht wird, um über etwas hinweg zu kommen, Zeit, die auch Wunden heilen kann. Man kann darin etwas vergraben, das man nicht wieder sehen möchte, nicht mehr benötigt, was seinen "Dienst" getan hat. Es muss also nichts Schreckliches sein, einfach nur ein Zeichen, hier mit Rosen, sie bedecken den Sarg und sie schaut hinüber, sie behält einfach einige für sich, um dem Gefühl nachzufühlen, um es nochmal in ihr Herz zu lassen, wie es war...

    Eine wie ich finde "schwere" s/w Aufnahme, in der die Kontraste stark hervortreten und richtig dunkel daher kommen, und dem ganzen etwas bleiernes geben, totales fehlen jeglicher Farben, nicht mal die Rosen dürfen sich zeigen. Trist und traurig erscheint alles.

    Und es wird Herbst...

    LG
    Jens
  • weisse feder 17/10/2011 14:43

    .....oh, deine informationen sind ja mal wieder brilliant.. dankeschön dafür... das bild ist sehr schön in schwarz-weiss, die bildaufteilung sehr fein... und rilkes wunderbare prosa... sehr schön... und ja, ich freue mich sehr, wieder was von dir zu sehen.. fein..lg. weisse feder
  • Traumtänzer(in) 16/10/2011 22:52

    Ganz kurz nur... ;)
    Klasse Foto... tolle Perspektive... schön in s/w!
    LG
  • Maren Arndt 16/10/2011 18:26

    Der gute Rilke - er war eine Weile im Teufelsmoor verliebt, verlobt, verheiratet ...
    Damals gab es hier noch nicht soviele Maisfelder - da sind ihm noch so feine Worte eingefallen. Heute würde er wahrscheinlich der Gegend sofort den Rücken kehren und keine Gedanken und Worte mehr finden, sein Weib mitnehmen...
    Sorry - ich schweife ab - bin grantig über die Maismassen - aber die Kraniche profitieren davon, sie sitzen nun zu Tausenden auf den abgeernteten Feldern und übernehmen die Nachlese.
    Dein Bild und die Worte inspirierten mich zu unpassendem Text - ich weiss, aber nun lass ich ihn so stehen ..
    .. und wünsche dir, liebe Sabine, einen harmonsichen Abend.
    Liebe Grüße
    Maren
  • Michael Dost 16/10/2011 18:16

    Ein sehr schönes Bild.
    Die Bildaufteilung und die Kontraste gefallen ausgesprochen gut.
    LG Michael