Im Land der grünen Ludmilla # 1.1
Auch wenn viele es sich nicht vorstellen können, aber die seit 1945 im „Kalten Krieg“ liegenden Supermächte USA und UdSSR waren zuvor enge Verbündete im Pazifikkrieg gegen Japan. Die USA und die UdSSR forschten zu jener Zeit bereits seit einigen Jahren an der Atombombe und trieben die Forschungen und Entwicklungen auch sehr schnell voran, da man befürchtete das Hitler-Deutschland bereits zu einem früheren Zeitpunkt über eine ebensolche Waffe verfügen könnte.
Im Frühjahr näherte sich die spätere „Trinity“-Bombe ihrer Fertigstellung. Ein Einsatz gegen deutsche Städte wurde erwogen, doch mit der Kapitulation Deutschlands Anfang Mai fokussierten die USA einen Einsatz gegen Japan. Der Rest mit den Abwürfen über Hiroshima und Nagasaki mit Zehntausenden Todesopfern ist bekannt und gut im Internet wiederzufinden und nachzulesen.
Die USA hatten, wenn man dies angesichts des unvorstellbaren Leid überhaupt so nennen mag, „vorgelegt“ und die UdSSR unter erheblichen Zugzwang gesetzt. In Moskau entschied man daher in allen der Sowjetunion unterstehenden Staaten den Uranabbau voranzutreiben. Ein wichtiges Vorkommen wurde dabei im Großraum Ronneburg erschlossen, es wurde eine Sowjetische Aktiengesellschaft gegründet, an der später auch die DDR beteiligt wurde. Der Arbeitstitel: SDAG Wismut.
Doch es wurde keineswegs nach dem Erz Wismut gesucht, sondern eben nach Uran. Durch das Uranerz aus dem Südosten Thüringens und dem Süden Sachsens war es möglich geworden im August 1949 die erste sowjetische Atombombe zu zünden. Die Bedingungen waren günstig, lag das Uran doch teilweise nur 150 m unter der Erdoberfläche, so dass es in riesigen Tagebauten gewonnen wurde.
Die Wismut wuchs binnen weniger Jahre zum drittgrößten Uranproduzenten der Welt. Von Kriegsende bis 1990 brachte die UdSSR etwa 220.000 Tonnen reines Uran an sich, nur die USA (350.000 t) und Kanada (240.000 t) förderten mehr. Um sich vorzustellen, was für einen Aufwand man für die Gewinnung von Uran betrieb muss man wissen, dass eine Tonne Erz maximal 500 Gramm Uran enthielt.
Aus gutem Grund wurde das, was in der Region passierte jahrzehntelang unter Verschluss gehalten, doch mittlerweile kann man einen Großteil der einstigen „Verschlusssachen“ im Internet und in verschiedensten Büchern nachlesen, hier ein recht umfangreicher Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Wismut_(Unternehmen)
Nach dem Ende der Uranerzförderung begannen ab Anfang der 1990er Jahre die bis heute andauernden Sanierungsarbeiten bei denen auch die vorhandene Eisenbahninfrastruktur eine wichtige Rolle spielt. Zum Einsatz kommen seit 1997 insgesamt fünf ehemalige 232 der Deutschen Bahn AG, welche die hier zuvor eingesetzten betagten „Taiga-Trommeln“ der Baureihe V 200 ersetzten.
Die Sandtransporte von Kayna aus Richtung Süden werden jedoch vermutlich im kommenden Jahr enden, erste Prognosen gingen von einer Einstellung bereits in diesem Herbst / Winter aus. Grund genug also zusammen mit zwei Fotokollegen im Juli etwas über zwei Stunden Autofahrt in Kauf zu nehmen und verschiedene Stellen „abzugrasen“, die der „Wildecker“ in umfangreicher Ortskunde erkundet hatte
(Gruß und Danke nach Hönebach!).
Den ersten Zuges des Tages konnte ich leider nicht so umsetzen wie ich mir dies gewünscht hatte, dafür klappte es beim zweiten Zug deutlich besser: Mit dem Leerzug DGS 66235 von Seelingstädt Erzbunker nach Kayna hat V 300 002 (ehemals 232 405) den Kreuzungsbahnhof Raitzhain soeben durchfahren und passiert nun die Reste des ehemaligen Personenbahnhofs, welcher mit drei Gleisen ein wichtiger Umsteigepunkt war. Im Hintergrund erkennt man die Reste der ehemaligen Paitzdorfer Kegelhalden, welche im Rahmen der BUGA 2007 zur neuen „Schmirchauer Höhe“ umgestaltet wurden. Im Hitzeflimmern der Abgase erkennt man die dort aufgestellte riesige Grubenlampe.
Aufnahmedatum: Mittwoch, 24. Juli 2013 - 9:51 Uhr || Aufnahmeort: bei Raitzhain
Noch mehr Ludmilla
Gerhard Huck 08/10/2013 18:41
Herrliches Bild der Grünen im Grün, den Mega-Text muss ich erst noch ausgiebig studieren...Viele Grüße
Gerhard
Thomas Jüngling 08/10/2013 10:09
Respekt - dieser Aufsatz hat's wirklich in sich und macht mir persönlich viele Zusammenhänge erst richtig klar. Das Bild mit Ludmilla in Einsatz in der Bergbaufolgelandschaft wäre für sich schon interessant. Mit dem Hintergrund dazu jedoch wird's eine echt spannende Dokumentation!Gruß Thomas
makna 07/10/2013 22:04
Du zeigst mit dem geschichtlichen Rahmen nur zu gut auf, dass das, was uns harmlosen Eisenbahnfotografen nun ebenso scheinbar harmlos vor die Linse läuft, im Hintergrund eine immense Sprengkraft hatte. Gott sei Dank: Hatte!
Gleichwohl ist es nun einfach schön, den Betrieb dieser ganz anders klingenden (weil mit amerikanischen Caterpillar-Motoren versehenen) "Ludmillas" aus russischer Produktion zu verfolgen und diese grünen Giganten ins Bild zu nehmen.
Wer dann noch, wie Du und Deine Freunde, Zeit und Beharrungsvermögen investiert, kann dann die Erdbewegungs-Züge auch in der Landschaft "einfangen"!
Ein sehr schönes Motiv der Grünen im Grünen!
BG Manfred