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Leuchttürme sind wie Kameras

Leuchttürme sind wie Kameras

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Leuchttürme sind wie Kameras

Lochkamera - 6 x 12 cm - Belichtungszeit ca. 4 Minuten -
Alter Diafilm - Crossentwicklung





~

"Verspätet kam ich zu Arthur McNeill. Der mächtige grauhaarige

Mann erhob sich sanft, als ich eintrat, mich zu begrüßen. Ich hatte

bereits einige Filme belichtet. Er interessierte sich für die Photographie

und wir sprachen darüber. Ich wusste von seinem Schicksal und

mied dies Thema. Vor vielen Jahren, in einer Sturmnacht war sein

Sohn über Bord gegangen und er – er hatte es nicht bemerkt.

Hatte seine Jolle ostwärts getrieben durch die wütende Wucht

des Ozeans. Immer ostwärts und die Schreie seines Sohnes

nicht gehört.

Dies hatte ihn verändert, hatte ihm häßliche Träume beschert,

Nächte mit Schweiß und aufschlagendem Herzen.

Jahre hatte es ihn gequält.



Sind wir dazu da, alles zu verlieren, fragte er plötzlich. Das Leben

ist aus Abschied gemacht. Nichts weiter. Ja, Abschied.


Dann ging er zögernd zum Kamin. Wissen sie, sagte er, während

er neue Holzscheite auf die Glut legte. Wissen sie, die Zeit scheint

mir so seltsam. Ich verstehe sie nicht. Je länger mein Sohn fort ist,

je lebendiger scheint er mir. Können sie mir das erklären?


Das Knistern des hochwallenden Feuers erfüllte den Raum.

Wie viele Welten gibt es, fragte er, ist die Wirklichkeit eigentlich

ohne all das? Nur in unserer Vorstellung? Gaukelwerk des Geistes?


Ja, das ist durchaus möglich, erwiderte ich.


Entschuldigen sie. Es wird Zeit. Ich muß mich um das Licht kümmern,

sagte er und verließ den Raum.

Während des Wartens blickte ich durch das schmutzig

trüb gewordene Fenster aufs Meer hinaus.


Wie gut, daß er nicht mehr zur See fährt, dachte ich, daß er als

Leuchtturmwärter sein Auskommen findet. Der abendliche Gang

die Wendeltreppe hinauf scheint ihm wie eine Buße zu sein,

die ihn besänftigt.

Die kreiselnden Lichtkegel des Leuchtturms gleichen Emporen

aus Licht, mit Leichtigkeit hingeworfen über die dunkle Macht

des Ozeans, als würde er die Seele seines Sohnes rufen.



Leuchttürme sind wie Kameras. Sie dulden nur einen einzigen

Lichtkegel in ihr stummes Dunkel.

Und überschreiten die Zeiten vom fernen Gestern

zu den unzähligen Morgenden hin,

die vor uns liegen wie gelobtes Land."


Dr. Gordon Mendenhall
Psychiater
Tagebucheintrag 13. Oktober 1921

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