Niedersächsische Landeseisenbahn [Achtung: viel Text]
Mit der Regionalisierungsreform bekamen die Bundesländer im Jahr 1994 die Aufgabe den Nahverkehr innerhalb ihrer jeweiligen Grenzen zu bestellen. Bis dahin wurden von einer Vielzahl kleinerer und mittelständischer Unternehmen, aber auch großen landes- und staatseigenen Betrieben nur dann Busse und Bahnen eingesetzt wenn es sich auch lohnte. So ist es auch zu verstehen, dass auf vielen Bus- und Bahnstrecken in ländlichen Gebieten in den Morgenstunden ein recht ausgeprägtes Angebot (Berufs- und Schülerverkehr) angeboten wurde, während über den Vormittag dann mitunter entweder nur einzelne oder gar keine Fahrten angeboten wurden. Nach Schulschluss fuhren dann wieder einige Busse und Züge, sowie dann am Nachmittag und Abend für den Berufsverkehr. Danach wurden die Haltestellen- und Bahnsteigkanten hochgeklappt.
Ein weiterer Nachteil: Jedes Unternehmen gestaltete den Fahrplan nach seinen Bedürfnisse und hatte meist auch ein eigenes Vertriebssystem. Gut aufeinander abgestimmte Fahrpläne kannte man damals nur vereinzelt, entweder hatte man lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen oder konnte den Anschlussbus oder -zug noch abfahren sehen. Und bei jedem Umsteigen von einem Bus in den nächsten oder der anschließenden Fahrt mit dem Zug musste meist auch eine neue Fahrkarte erworben werden. Dies Alles sorgte dafür, dass das Auto lange Zeit die unangefochtene Nummer 1 selbst in Ballungsräumen und Großstädten war, denn selbst dort kam man mitunter abends nicht mehr heim...
Ab 1994 erhielten die Bundesländer von der Regierung sogenannte Regionalisierungsmittel mit denen bei den bestehenden Verkehrsunternehmen fortan die Verkehrsleistungen eingekauft wurden. Durch die Möglichkeit die Verkehrsverträge unterschiedlich zu gestalten können die Unternehmen Einfluss auf die Auslastung und Einnahmesituation nehmen, der Großteil der Fahrgeldeinnahmen fließt jedoch zurück an die Besteller der Leistungen.
Während nun einige Bundesländer landeseigene Organisationen schafften (z.B. Niedersachsen und Bayern) gaben die meisten Bundesländer diese Verantwortung an die damals in großer Zahl neu gegründeten Verkehrsverbünde ab. Ziel dieser Verkehrsverbünde: Größtmöglich und -sinnvolle Abdeckung bestimmter Regionen, Schaffung eines einheitlichen Tarifsystem und Abstimmung von Fahrplänen und -zeiten. Was die Deutsche Bundesbahn bereits schon teilweise seit den 1960er Jahren als „starren Fahrplan“ kannte zog nun auch bei vielen Busgesellschaften ein: Der Taktfahrplan mit für die Fahrgäste leicht zu merkenden Abfahrtszeiten. Dies alles sorgte in den vergangenen knapp 15 Jahren für einen erheblichen Anstieg der Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr. Galt dieser bis Anfang/Mitte der 1990er eher als „Transportmittel“ für Schüler, Ältere und solche die sich kein Auto leisten können wurde es fortan teilweise „schick“ mit „den Öffentlichen“ zu fahren: Keine Parkplatzsucherei mehr, keine Sorge um den Führerschein wenn man mal ein Glas Bier oder Wein getrunken hatte, ...
In Ballungsräumen wurden die Fahrtzeiten mitunter kräftig nach vorne und hinten ausgeweitet, so dass - abgesehen von einer einige Stunden andauernden nächtlichen Betriebspause - über teilweise 19 oder noch mehr Stunden pro Tag Busse und Bahnen unterwegs sind. Selbst an Sams-, Sonn- und Feiertagen gab und gibt es seitdem ein verlässliches Angebot, meist ausgerichtet an den Bedürfnissen der Fahrgäste.
Die Besteller der Verkehrsleistungen begannen dann etwa ab Anfang des neuen Jahrtausends mit der Ausschreibung der Verkehrsleistungen: Das bis dahin angebotene Verkehrsmaterial genügte oftmals nicht mehr den Anforderungen der Fahrgäste an einen komfortablen und nachfragegerechten Nahverkehr. Eisenbahn-, Straßen- und U-Bahn- und Buslinien wurden nach und nach somit im Wettbewerb ausgeschrieben um Kosteneinsparungen (meist leider zu Lasten des Personal was fortan mit weniger Geld nach Hause kam, obwohl der Bus oder der Zug nur eine andere Farbe haben...) zu erzielen. Viele dieser Ausschreibungen sind mittlerweile bereits ein zweites Mal durchgeführt worden, wobei mitunter sogar der ehemalige Betreiber nach einigen Jahren Abstinenz wieder der „neue“ Betreiber ist.
Einen bemerkenswerten Weg ging hierbei die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH, welche sehr frühzeitig erkannte, dass eine Lokomotive, ein Triebwagen oder ein Waggon keinesfalls nach der üblichen Dauer einer Ausschreibung von 10, 12 oder 15 Jahren verschlissen sind und ersetzt werden müssen. Sie legte sich einen eigenen Fahrzeugbestand von mehreren dutzend Elektro- und Diesellokomotiven, etlichen Dieseltriebwagen und mittlerweile weit über 200 Doppelstockwagen an. Somit war zum einen gesichert, dass das künftig die jeweiligen Verkehrsleistungen erbringende Unternehmen bereits über die dem Land entsprechenden Vorstellungen entwickelte und konstruierte Fahrzeuge verfügt, als auch ein dauerhaft niedrigerer Preis als bei vergleichbaren Ausschreibungen.
Größter Nutzer der derzeit durch das Land Niedersachsen vorgehaltenen Fahrzeugflotte sind die Nord-West-Bahn und die metronom Eisenbahngesellschaft mbH. Letztere bedient mit in den auffälligen Farben blau, weiß und hellgelb/creme lackierten Lokomotiven und Doppelstockwagen die von Hamburg ausgehenden Strecken nach Bremen und Uelzen (seit 2002). 2005 kam die Verlängerung von Uelzen nach Göttingen dazu, im Jahr 2007 dann die Strecke nach Cuxhaven.
Mehr zur metronom Eisenbahngesellschaft mbH kann man hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Metronom_Eisenbahngesellschaft
Während einer Fototour nach Radbruch (nördlich von Lüneburg) waren die Züge von metronom ständig zu sehen, stellvertretend dafür ist oben die ME 146-01 mit dem acht Wagen umfassenden DPN 80941 von Hamburg Hbf nach Uelzen zu sehen.
Aufnahmedatum: Dienstag, 12. Mai 2009 - 11:28 Uhr || Aufnahmeort: Radbruch [KBS 110 / nördlich Lüneburg] || Verwendete Kamera: Nikon D80
Bahnfrau Heidi 26/02/2011 12:16
Hallo Patrick, ein tolles Bild vom Metronom und ein sehr interessanter Bericht. So interessant, dass das lesen des langen Textes :-) nicht abschreckt ihn auch zu lesen :-)LG Heidi