Rosen, Tulpen, Nelken,
alle drei verwelken.
Marmorstein und Eisen bricht,
aber unsere Freundschaft nicht.
Gibt es sie noch, diese papierenen Stammbücher, in die ich in der Volksschule hineingereimt habe? Mit Leinenumschlägen, mit Herzchen und Blümchen verziert, mit einem niedlichen Miniaturschnappschloss. Den Freundinnen habe ich meines gegeben, den Sitznachbarn, den Mädchern, die beim Gummihüpfen an der Bushaltestelle zugeschaut haben, den Buben, mit denen ich Trumpfquartett (Saurier oder Oldtimer) am Heimweg gespielt habe.
Über meine eigenen Einträge in anderen Stammbüchern war ich oft unglücklich. Die Zeilen waren schief, die Schrift krakelig und meine Zeichnungen fand ich nie so schön wie die der anderen. Aber heraussreißen konnte man die Seite nicht, das hätte man gesehen, wie hätte das ausgeschaut. Für einen Eintrag gab es einen Versuch und der mußte gelingen.
Bei der Rückgabe wurden das Stammbuch sofort durchgeblättert. Wo hat sich derjenige verewigt, ganz hinten oder in der Mitte? Die vorderen Seiten waren immer frei. Dort fand sich die Glückwünsche der Klassenlehrerin. Hatte derjenige selbst gedichtet oder ein bekanntes Sprüchlein verwendet? Gibt es bunte Zeichnungen, eine zwischen Telefonbuchseiten gepresste Blume, vielleicht sogar einen Scherenschnitt eingeklebt? Beliebt waren auch umgefaltete Ecken, in deren Innenseite klitzekleine Grüße Platz fanden.
Trotz aller gereimten Beteuerungen, hat keine dieser Freundschaften bis heute gehalten. Der Zufall hat uns in dieselbe Volkschulklasse gesetzt oder im selben Dorfteil groß werden lassen. Als Regisseur hat der Zufall oft eine unglückliche Hand. Einzig ein Mädchen aus dieser Zeit spielt heute noch eine Rolle in meinem Leben. Sie hat nie etwas in mein Stammbuch geschrieben, ich weiß nicht mehr warum.
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