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Vor dem Gesetz

Franz Kafka: Vor dem Gesetz (1915)

Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der Türhüter sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. »Es ist möglich«, sagt der Türhüter, »jetzt aber nicht.« Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt: »Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen.« Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er, aber als er jetzt den Türhüter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine große Spitznase, den langen, dünnen, schwarzen tatarischen Bart, entschließt er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermüdet den Türhüter durch seine Bitten. Der Türhüter stellt öfters kleine Verhöre mit ihm an, fragt ihn über seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie große Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, daß er ihn noch nicht einlassen könne. Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: »Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben.« Während der vielen Jahre beobachtet der Mann den Türhüter fast ununterbrochen. Er vergißt die andern Türhüter, und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis für den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den unglücklichen Zufall, in den ersten Jahren rücksichtslos und laut, später, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des Türhüters auch die Flöhe in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Flöhe, ihm zu helfen und den Türhüter umzustimmen. Schließlich wird sein Augenlicht schwach, und er weiß nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen täuschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverlöschlich aus der Türe des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Türhüter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden Körper nicht mehr aufrichten kann. Der Türhüter muß sich tief zu ihm hinunterneigen, denn der Größenunterschied hat sich sehr zuungunsten des Mannes verändert. »Was willst du denn jetzt noch wissen?« fragt der Türhüter, »du bist unersättlich. « »Alle streben doch nach dem Gesetz«, sagt der Mann, »wieso kommt es, daß in den vielen Jahren niemand außer mir Einlaß verlangt hat?« Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: »Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn.«

https://de.wikipedia.org/wiki/Vor_dem_Gesetz

Hommage à Franz Kafka (1)
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Fassade
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Commenti 97

  • Jadugaar 29/02/2020 21:11

    Du musst es achten, auch wenn andere es umgehen. Es trifft auf dich zu, sei brav und folge, dass es dir nicht zum Verhängnis wird! Schau zu, wenn du krumme Wege gehst, dass man dich nicht erwischt, sonst trifft dich die volle Härte des Gesetzes. Gesetze sind richtig und wichtig! Halte Dich daran! Vor dem Gesetz sind alle gleich! Nun, ja, mit Ausnahmen, wie es für Regeln üblich ist.
    So ist es, basta (oder ein anderes Kanzler-Wort).
    Erziehung mit dem Ziel einer gelernten Hilflosigkeit, damit wenigstens an einer Stelle im Leben alles so bleibt, wie es ist. Natürlich auch ein Irrtum! Aufstehen, den Sinn von Gesetzen vor dem Hintergrund gesellschaftlichen Wandels zu hinterfragen, sie anzupassen und zu verändern, statt kleingehalten nur in Ehrfurcht vor ihnen zu erstarren. Gesetze sind menschengemacht und brauchen die fortgesetzte Behebung der darin eingewobenen, dem Zeitgeist unterliegenden Ideologien sowie anderen menschlichen blinden Flecken. Unabhängig davon leben wir glücklicherweise in einer rechtssicheren, wenn auch nicht durchgehend gerechten Gesellschaft mit einem einzigartigen Grundgesetz.
    Das Verhältnis von Person und monumentaler Architektur bringt das ehrfurcht-gebietende Moment in den Vordergrund, mit seinen unmittelbaren Auswirkungen auf Wahrnehmung und Verhalten.
    LG Jadugaar
    • E. W. R. 01/03/2020 12:13

      Die Gesetze werden fortwährend geändert und das ist auch gut so, wie ein Blick auf das mittelalterliche Recht zeigt. Parabeln wie die von Kafka beschreiben bleierne Zeiten, die sich immer wieder einmal einstellen,
    • Jadugaar 01/03/2020 18:49

      Die bleierne Zeit gebiert Bleivergiftung:
      Ein undurchdringlich bleiernes, alles erstickendes Firmament wölbt sich über das damals hermetisch abgesperrte Grauen.
      Das Unsagbare, Exkommunizierte, erstickte, einem bleischweren Knebel gleich, jede Frage und jede Antwort.
      Das Bleierne: Ein Erklärungskatalysator für kafkaeske Situationen ebenso wie für die Aufhebung drückend bleierner Schwere, die ihre langen Schatten wirft. Der erforderliche enorme Kraftaufwand, sie zu beenden, mündet - wenn ohne Aussicht auf Reformen - tragischerweise auch in Gewalt.
      LG Jadugaar
    • E. W. R. 02/03/2020 9:49

      Das kann so sein und bestimmte Gegenden der Welt zeigten oder zeigen das ja auch, gerade jetzt auch wieder. HG, E.
  • E. W. R. 09/11/2018 8:33

    Tatsächlich bewusst komponiert. War gar nicht so einfach. ;-)
  • felipe Martínez Pérez 20/08/2018 17:30

    Excelente composición.
  • Markus Novak 30/07/2018 19:00

    Ich habe das eigentliche Bild eigentlich noch gar nicht ausreichend gewürdigt, denn Du hast aus einem tollen Motiv ein klasse Bild gemacht und dabei auch überaus sauber ausgerichtet! Auch die Gestaltung ist wirklich richtig gut . Ein klasse Bild!
    LG markus
  • UK-Photo 10/07/2018 6:30

    ... die Gleichförmigkeit der Architektur paßt hier wunderbar zu dem Voranschreiten des Paares ... der Schattenwurf, der ihnen vorangeht, ist das "i"-Tüpfelchen.
    Der Text läßt einen nachdenklich zurück ....

    LG
    Uli
    • E. W. R. 10/07/2018 12:15

      Wie viele gute Texte passt er - symbolisch - auch auf andere historische Bedingungen. ;-)
  • Maud Morell 02/07/2018 19:48

    Zu Zweit sind sie stärker und die Angst wird geteilt, verliert an Kraft.
    Das Foto und der Text, sehr schöne Präsentation.
    LG von Maud
  • Markus Novak 30/06/2018 12:02

    das ist ja wirklich ein immer noch ganz aktueller Text von Kafka, der uns heute wohl noch nachdenklicher hinterlässt als zu der Zeit in der er geschrieben wurde!!
    Wirklich beeindruckend!!
    Auch Dein Bild ist sehr gut und auch wirklich sehr passend zu dem Text von Dir ausgesucht worden!!
    LG markus
    • Markus Novak 01/07/2018 11:45

      Ich vermute dann erst kam die die Idee das Bild mit dem Text von Kafka zu kombinieren?
      LG markus
    • E. W. R. 01/07/2018 12:11

      Nein, der Text war zuerst da. Das Gebäude und der Sonnenstand wurde danach ausgewählt; das "Philosophicum" in Münster wurde erst vor kurzem fertiggestellt. Am Eingang selbst zeigt sich leider kein "Wächter", sondern nur eine Gruppe sitzender und fröhlicher Studenten. Die waren leider für das Thema nicht geeignet, so dass ich mich dann auf Vorbeigänger verlegte. HG, E.
    • Markus Novak 10/07/2018 19:34

      das hätte ich wirklich nicht gedacht! Danke für deine Aufklärung!
      LG markus
    • E. W. R. 10/07/2018 19:40

      Meistens treibe ich keine Konzeptfotografie; hier bot sich das einmal an.
  • † werner weis 10/06/2018 23:09

    selbst der Schwarze Block braucht Gerichts-Akten
    gut, wenn sie noch in einen Rucksack passen
    • peju 30/06/2018 16:04

      Noch blöder:
      Das Kölner Opernhaus nebst Schauspielhaus. Dauerbaustelle auf der nicht (mehr) gebaut wird wegen Totalversagen des Baustellenmanagements. Ernsthafte Vorschläge (SPD) kommen: Das Ding komplett abreißen.
      Ein einzelner Platz soll pro Vorstellung(!) am Ende ca. 350 Euronen Subvention zusätzlich zu den Einnahmen aus dem Ticketverkauf kosten.
      Man glaubt immer noch das Ding irgendwann in den Zwanziger Jahren (dieses Jahrhunderts(?)) fertig zu bekommen.
      Dabei sieht es so prickelnd aus, wie ein älteres Atomkraftwerk oder ein Fabrikgebäude, das noch nicht explodiert ist...
    • † werner weis 30/06/2018 22:56

      es gibt die Band "Einstürzende Neubauten", die schon
      in der Elbphilharmonie auftreten durfte ... eine Band
      "Explodierende Fabrikgebäude" oder "Ältere Atomkraft-
      werke" ist mir nicht bekannt, aber die könnten da ja
      auch nicht spielen, da wo wie sie jetzt heißen .., ich weiß:
      kompliziert formuliert..... aber bedenke die Materie ... und
      DIE MATERIE IST NIE BLÖDE
    • E. W. R. 30/06/2018 23:40

      Soweit ich weiß, tritt auch Cro in der Elbphilharmonie auf ... ausverkauft. Noch Fragen?
    • E. W. R. 30/06/2018 23:41

      @ Peter: Tatsächlich ein wundervoller Bau. Aber ihr habt da ja die U-Bahn ... ;-))
  • † dannpet 04/06/2018 19:43

    .

    Ein lieber FC Freund beschreibt es so: "Franz Kafka, surrealistische Sprachmagie in stilistisch cooler Verpackung." (Ernst Lipps)

    ... sprich, Kafka ist schon 'ne Nummer für sich. Er mochte mit seinem Text, seiner Parabel, die er selbst nicht als Parabel, sondern als Legende bezeichete, die allgemeine Ungerechtigkeit und Rechtsbeugung im Fokus gehabt haben. Ich meine jedoch es war mehr als nur das!

    So schaue ich auf dein Foto und frage mich:
    Kann man Einlass ist das Gesetz finden, wenn der Schatten, den man selbst wirft, es verhindert? Gibt man sich nicht viel zu schnell mit einer Antwort zufrieden? Sollte man nicht, um Einlass in das Gesetz zu finden, zunächst die richtigen Fragen stellen, die Antworten nicht in irgendeinem Gebäude, einem Konstrukt aus Wahrheit und Lügen, suchen, sondern in sich selbst?

    Gesetze, politische Gebilde, egal welche, werden irgendwie immer als übergeortnete Systeme wahrgenommen, die unbedingt vor uns Menschen dagewesen sein müssen.

    Wie sich Systeme entwickeln und sich dann selbst, durch jeden einzelnen von uns, am Leben erhalten, beschreibt m.E. "Das Schloß" noch besser als "Der Prozess:
    Wir finden keinen Einlass, weil wir uns gegenseitig den Zutritt verwehren!
    Kafkas Figuren buckeln allein vor der bestehenden Möglichkeit, sie wählen die Kette, weil sie sich vor der Wahrheit fürchten.

    Doch wie kann man die Wahrheit irgendwo finden, wenn man nicht selbst Teil dieser Wahrheit ist, sich nicht selbst als Teil z.B. des Gesetzes erkennen kann?

    Im "Das Dritte Oktavheft" von Kafka ist folgender Satz zu lesen:

    "Nicht jeder kann die Wahrheit sehen, aber jeder kann die Wahrheit sein."

    ... z.B. die Wahrheit darüber, dass wir es sind, die anderen Menschen Macht über uns verleihen?
    Dann schreibt Kafka in "Die Zürauer Aphorismen", 1931 von Max Brod unter dem Titel "Betrachtungen über Sünde, Hoffnung, Leid und den wahren Weg" veröffentlicht, folgenden Satz:

    "Wahrheit ist unteilbar, kann sich also selbst nicht erkennen; wer sie erkennen will, muß Lüge sein."

    Was könnte Kafka damit meinen? Ist es tatsächlich nur eine seiner "Wortverdrehungen"?

    Wahrheit ist selten das, was uns als Wahrheit verkauft wird. Man muss sie in Frage stellen, muss sich selbst als Rad im Getriebe erkennen, muss erkennen, dass die Wahrheit, die mir Wahrheit scheint nicht in mir zu finden ist. Somit werde ich zu ihrer Lüge.

    Kafkas Betrachtungen über Wahrheit und Lüge ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Schriften:

    "Alles, selbst die Lüge, dient der Wahrheit; Schatten löschen die Sonne nicht aus."

    So würde ich hinter der Legende "Vor dem Gesetz" zunächst Fragen suchen. Fragen, die mich selbst beträfen.
    Bin ich Wahrheit oder bin ich Lüge?
    Bin ich gar das Gesetz, welches sich vor mir zu verschließen droht?
    Kann ich die Wahrheit erkennen, will ich sie überhaupt erkennen?

    etc. pp.


    Der Mann vom Lande, der um Einlass in das Gesetz bittet und sein Leben an eine Vorstellung, an eine ihm unbekannte Wahrheit verliert, genau dieser Mann ist die Wahrheit und gleichzeitig auch ihre Lüge. Diese Tür war nur ihm bestimmt, weil er es so gewählt hatte.

    Warum wirken die Gebäude, die Kafka mit seinen Worten errichtet, die dann visualisiert wie Betonfestungen erscheinen, so bedrohlich? Vielleicht, weil sie die Wahrheiten der großen Lügen beschreiben?



    Soweit erstmal, zu meinem Versuch einer Interpretation.
    Dein Foto habe ich bereits meinen Favoriten einverleibt, weil ich die Auseineinandersetzung mit Kafka, vor dem Hintergrund deines Fotos spannend finde.

    Herzliche Grüße, Peter

    .
    • E. W. R. 11/06/2018 22:07

      @ Peter: Sicher werden die Gesetze von Menschen gemacht. Da Gesetze von Menschen gemacht werden, können wir sie auch verstehen. Nur die Naturgesetze sind außer uns und vor uns da.
    • E. W. R. 11/06/2018 22:30

      @ Christoph: Die Geschichte vor dem Gesetz scheint mir ein Beispiel für ein solches von Dir beschriebenes geschlossenes System zu sein, eben ein geschlossenes Herrschaftssystem, in das große Teile der Bevölkerung (der Mann vom Lande) nicht hineinkommen. Mit denen wird auch nicht wirklich kommuniziert, sondern es gibt nur den Anschein einer Kommunikation. HG, E.
    • † dannpet 13/06/2018 10:26

      .
      Nun... das Verstehen der menschgemachten Gesetze ist so eine Sache, ich selbst habe da nicht selten so meine Schwierigkeiten ;-))
      Aber du hast schon recht, wenn man sich nur ein wenig mit den Gesetzen auseinandersetzt, dann kann man verstehen für wen diese oder jene Gesetze gemacht wurden, wer ein Interesse daran hat, sie so oder auch so zu machen oder auch auszulegen.
      Das deckt sich mit deiner weiterführenden Ausführung über das Gesetz als geschlossenes System. Diesbezüglich von meiner Seite also kein Widerspruch.
      Der unterschiedliche Blickwinkel entsteht aus deiner Annahme heraus, 'der Mann durfte nicht hinein' und meiner Ananhme 'der Mann wollte nicht wirklich hinein', weil er z.B. das Privileg der Knechtschaft mehr schätzte als den Zugang zu dem Gesetz.

      Derzeit merkeln wir ständig (es war zu keiner Zeit anders) an den Auswirkungen und nicht an den Ursachen geschlossener Systeme herum. Reform hieße Revolution, doch auch die hat es so noch nicht gegeben, da bisherige Revolutionen nur die Umkehrung der Vorzeichen und das Blut der Anderen auf ihrer Fahne hatten. Für eine echte Revolution bedürfte es mündiger Menschen, noch heute eine wohl hoffnungslose Träumerei...

      Abrunden oder auch 'verdrehen' möchte ich, weil er natürlich das Thema ist, abermals mit Kafka:

      "Jede Revolution verdunstet und hinterläßt einen Bodensatz Bürokratie."
      Franz Kafka

      Ich denke dies ist kein unwichtiger Ansatz für unsere Betrachtung geschlossener Systeme, denn nicht selten stehen sich diese, durch die Bürokratie, welche innerhalb geschlossener Systeme eine unüberschaubare Eigendynamik entwickelt, selbst im Wege. Und: Bürokratie be- oder auch verhindert die Kommunikation;-))

      "Der entscheidende Augenblick der menschlichen Entwicklung ist immerwährend. Darum sind die revolutionären geistigen Bewegungen, welche alles Frühere für nichtig erklären, im Recht, denn es ist noch nichts geschehen."
      Franz Kafka

      Sprich, wir trapsen auf der Stelle. Gesetze bekommen manchmal einen neuen Anstrich, doch verdient dieser Anstrich nicht den Namen Reform. Der Wille zu Gesetzesreformen erstickt zudem nicht selten in der Bürokratie.

      "Verstecke sind unzählige, Rettung nur eine, aber Möglichkeiten der Rettung wieder so viele wie Verstecke. Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg; was wir Weg nennen, ist Zögern."
      Franz Kafka

      Vielleicht ist die Bürokratie auch so ein Versteck?

      Sorry für den abermals langen Text, ...
      Hg Peter
      .
    • E. W. R. 14/06/2018 8:45

      Wenn man die Gesetze der alten germanischen Stämme, die des Mittelalters, die der frühen Neuzeit, die des 19. Jahrhunderts und die heutigen miteinander vergleicht, kann man echten Fortschritt im Sinne der Aufklärung und der Menschenrechte feststellen. Heute wird ein fünfzehnjähriges Mädchen nicht mit dem Tode bestraft, weil es aus dem Opferstock in der Kirche Geld gestohlen hat. Die Frage, ob der Mann nicht hineinkann in das Gesetz oder nicht hineinwill, ist aufgrund des Texte klar zu entscheiden. Er will hinein, aber man lässt ihn nicht. Und ich denke, so einen Text schreibt man auch, wenn man und weil man möchte, dass sich das ändert.
  • jule43 02/06/2018 20:54

    Vor dem Gesetzt sind sie wahrscheinlich Mann und Frau
    Wohin des Weges frage ich mich ?
    Doch hoffentlich nicht in die Hallen dieses Betonbunkers ?!
    Der als Foto super wirkt ! Aber auch etwas bedrohlich auf mich wirkt ! Hat auch was von Justizgebäude !
    LG jule
    • E. W. R. 04/06/2018 14:07

      Liebe Jule, es ist ja eine symbolische Fotografie, die sich auf den Text von Kafka bezieht. Da gibt es immerhin noch einen Eingang. Hier aber nicht.
    • jule43 09/06/2018 18:53

      Ich habe das Gefühl wenn ich das Gebäude sehe, ohne den Text zu lesen, dass es einfach sehr trist ist. Zu viele Menschen gehen hier ein und aus.
    • E. W. R. 10/06/2018 9:45

      Liebe Jule, die Fassade ist wirklich sehr trist; das wird durch den suggestiven Bildschnitt noch verstärkt. Der soll indessen suggerieren, dass da niemand hineinkommt und auch nicht heraus. HG, E.
  • Christoph Beranek 30/05/2018 13:08

    Hier erfährt die Parabel von Franz Kafka eine bildhafte Entsprechung. Ein martialisches Gebäude, abweisend, unverrückbar in seiner Architektur, in der zwei Menschen klein und verloren wirken. Die farbliche Reduzierung verstärkt diesen Eindruck. Die Bedeutung des geschriebenen Rechts wird zur Farce, wenn es machtpolitisch überlagert wird und von Gewohnheitsrechten beeinflusst wird. Der aktuelle Auto / Diesel - Skandal ist ein Beispiel für diese Form der Rechtsbeugung. Die betrogenen Käufer haben kaum eine Chance auf eine Entschädigung und die Akteure der Autoindustrie haben kaum etwas zu befürchten ( anders als in den USA, wo die Käufer einen Anspruch auf Entschädigung haben und die Manager der Autoindustrie zur Rechenschaft gezogen werden). F. Kafka hat diese Diskrepanz in seinen Werken ( der Prozess ) literarisch beschrieben, weil er sie als jüdischer Bürger der Donau - Monarchie selber erfahren hat. Zwar gewährte der Staat seinen jüdischen Bürgern eine völlige rechtliche Gleichstellung, so das geschriebene, verfasste Recht. Die Wirklichkeit sah aber ganz anders aus. Wer eine gehobene oder auch einfache Beamtenstelle anstrebte , musste zum Katholizismus konvertieren, so das ungeschriebene Gesetz. So blieb ihm nur eine Stelle als Jurist bei einer Versicherungsagentur. Eine Auseinandersetzung die sehr aktuell erscheint, wenn man sich die Entwicklung in einigen Ost - EU Ländern ( Polen & Ungarn) ansieht, wo die Judikative als eigene, autonome Gewalt, von der Politik weitgehend abgeschafft wurde .
    Eine besorgniserregende Entwicklung, die sich von demokratischen Prinzipien verabschiedet.
    Kompliment für Deine Bild / Text Darstellung.
    LG Christoph
    • E. W. R. 30/05/2018 23:16

      Lieber Christoph, ein Kommentar, den ich so unterschreiben könnte. Mit der Geschichte der Juden im deutschen Sprachraum im 19. und frühen 20. Jahrhundert beschäftigt sich ausführlich Dietz Bering in dem Buch Der Name als Waffe. Es kann einen nur gruseln bei dem Gedanken, wie man sich bereits vor der Nazizeit zu den Juden verhalten hat.
  • † gre. 28/05/2018 16:54

    Eine ansprechende, gekonnt präsentierte Arbeit -
    gute Grafik, tolle Tonung
    wenn ich Sterne zu vergeben hätte, wäre diese Aufnahme mein Favorit.
    LG gre.
  • Ruth U. 25/05/2018 19:05

    Was für eine Geschichte, ich kannte sie noch nicht, aber so typisch für Kafka, dass seine Protagonisten sich hoffnungslos verlieren, die Geschichte passt auch heute ... über die faszinierende Erzählung habe ich Dein Bild ganz vergessen, nun habe ich es noch mal genauer betrachtet, das ist richtig gut gemacht, schöne Grafik und klasse Bildaufbau, ganz mein Geschmack.
    LG Ruth
  • Michael Jo. 25/05/2018 16:08

    vor dem Gesetz
    - und / oder auch NACH dem Gesetz .. ?

    F.K. hat sich auch in seinem Werk > Das Urteil <
    damit auseinander gesetzt.

    Die mit Steinplatten kaschierte ' moderne '
    Fassade dieses Beton-Zweckbaus
    weckt Assotiationen an die monoton-uniformen
    Einheits-Fassaden des neuen BND-Gebäudekomplexes
    mitten in Berlin ... ,
    auch so eine nebulöse möchtegern-im Halbdunkel
    bleibende, quasi-" Gerichts"-Institution, gegen die der
    in deren Fokus geratene Bürger (ob tatsächlich ' bescholten '
    oder unbescholten ) oft nur im kafkaesken Grübeln
    versinkt .. - wenn er sich absolut ' im falschen Film '
    wähnt ...

    Vor des Gesetzes Wirksamkeit gilt hierzulande
    grundsätzlich erstmal die Unschuldsvermutung,
    zumindest die Beweisführung ob .. und wie und was ...;
    'NACH dem Gesetz ' - will meinen: nach dem
    Richterspruch allerdings sind durchaus auch hierzulande
    die Bürger gelegentlich in 2 (zwei !) Klassen zu
    unterscheiden:
    in die ohne teure Anwaltskanzleien zu ' ihrer Rechten ',
    und in solche, die - wenn sie Glück haben - sich
    der Hilfe einer entsprechenden Assekuranz oder einer
    Gewerkschaft versichern konnten.

    Wer von Justitias ' Gerechtigkeit ' respektive
    Rechthaberei ..ein Lied singen kann,
    ist z.B. jener Gustl Mollath, der schlussendlich
    doch sein Recht bekam, und über dessen Fall
    eine bayersiche Justizministerin zurücktreten musste !
    (im Nachhinein nochmal mein hämischer Gruß
    ins Land der Lederhosen und der Trachtenjodler
    unter der Sankta Bavaria .. * gg *).

    Auch jene vielversprechenden Ex-Steuerfahnder eines
    Finanzamtes, denen ein ' Gutachter ' rein fernschriftlich eine
    für die weitere Ausübung ihres Amtes geistige
    Unzurechnungsfähigkeit attestierte ... und sie damit
    in die Frühpension geschickt wurden ... , allein weil
    auf Geheiss eines Ministerpräsidenten ein willfähriger
    Landes-Finanzminister die Aufdeckung gewisser
    unangenehmer Steuerbetrügereien prominenter Wirtschaftsbosse
    vertuscht werden sollten.
    Der Lohn für diesen ' Dienst ': weitere Aufklärung im Keim erstickt
    und dem Bundesland damit Millionen Euros ' durch die Lappen ' ...

    Und welch Steine hat man einst einem ' allzu forschen ' Staatsanwalt
    noch in der Adenauer-Ära in den Weg gerollt,
    als es um die Aufklärung der Verbrechen etlicher ' Ex- ' Nazi-
    Grössen, KZ-Kommandeure u. deren Handlanger ging ... ???

    Tja, die Türhüter der Macht fühlen sich gerne
    auch in unserem Nachkriegs-System als unantastbar,
    unverzichtbar und wichtig .. .. ;-((
    Die Herrschaft an der Macht aber ' wäscht seine (ihre) Hände
    in Unschuld ', - Motto: >nix gehö.., nix geseh.., nix gewu... <

    - und die Kassiererin von der Supermarktkasse wird wg.
    vermeintlicher Unterschlagung eines Pfandbons für schuldig
    befunden ....

    Michael
    • E. W. R. 25/05/2018 16:46

      Die großen Justizskandale zeigen auch bei uns, dass es Grenzen der Gerechtigkeit gibt. Freilich hier oft nicht durch das Gesetz als solche bedingt, sondern durch seine schiefe oder Nicht-Anwendung. Das ist ja auch eine Aussage des Kafka-Textes. Jedenfalls lohnt sich eine Rechtsschutzversicherung auch für jedermann. - Das ganze Ausmaß der Nichtaufarbeitung der Vergangenheit ist wohl selbst zur Zeit der 68er Revolte, die sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt, nicht bekannt gewesen, genausowenig das Ausmaß, mit dem die Deutschen in anderen Ländern gewütet haben.