Wer ist wer? / who is who? - Dolichomitus vs. Ephialtes
Allein die schiere Zahl bislang bekannter Arten, aber auch die zu großen Teilen kryptische Lebensweise der Schlupfwespen bringt es mit sich, dass es nur wenige Spezialisten gibt, die die Tiere auseinander halten können (ich gehöre auf gar keinen Fall dazu). Die meisten Vertreter dieser in Deutschland derzeit (2021) 3.644 Arten umfassenden Hautflügler-Familie sind ziemlich klein und fallen schon deswegen nicht auf, andere wiederum gehören zu den größten Insekten der heimischen Fauna – wie die beiden abgebildeten Exemplare der Gattungen Dolichomitus (li) und Ephialtes (re). Bis zur Art kommt man anhand der Fotos nicht sicher, aber mit einer recht großen Wahrscheinlichkeit handelt es sich um D. mesocentrus und E. manifestator.
In verschiedenen Foren der Tier- und Naturfotografie wird immer wieder über die Unterscheidung beider Gattungen diskutiert, die nicht ganz einfach ist und einige andere Gattungen der Schlupfwespen wie Liotryphon oder Parapithous gar nicht berücksichtigt, in denen ähnlich aussehende Tiere stehen. Dass die beiden gezeigten Schlupfwespen sogar mit Rhyssa verwechselt werden, lasse ich dabei außen vor, denn die hat eine sehr auffällige Thorax-Zeichnung und gehört systematisch woanders hin. Dolichomitus und Ephialtes stehen innerhalb der Familie der Schlupfwespen (Ichneumonidae) in der Unterfamilie Pimplinae und dort im Tribus Ephialtini mit 16 Gattungen*; die beiden o.g. Arten sind weit verbreitet und recht häufig.
Das auffälligste am Foto erkennbare Unterscheidungsmerkmal ist die Länge des ersten Metasoma-Tergits, das man auch ohne den direkten Vergleich beider Tiere heranziehen kann. Bei Dolichomitus ist es etwa genauso lang, bei Ephialtes nur halb so lang wie die nachfolgenden Tergite. Für andere Merkmale wie die Form des Clypeus‘ (Kopfschild), die Eindrücke an den Metasoma-Tergiten oder erst recht die Bezahnung des Legebohrers benötigt man dann doch schon eine gute Lupe oder ein Mikroskop und beide Tiere zum Vergleich, was aber das Fangen / Töten voraussetzt und für mich damit entfällt.
Darüber hinaus hat Dolichomitus ein breiteres Wirtspektrum, es umfasst überwiegend Käferlarven, v.a. die der Bockkäfer, daneben aber auch andere im Holz lebende Insektenlarven, etwa einiger Holzwespen (Siricidae) und Glasflügler (Sesiidae). Ephialtes ist dagegen auf die Larven von im Holz lebenden solitären Stechimmen (z.B. Grabwespen, Goldwespen) spezialisiert.
Vielen Dank an Martin Schwarz!
* Eine der Ephialtini-Gattungen ist Tromatobia mit der Art T. ornata, die an der Wespenspinnen Argiope bruennichi parasitiert (https://www.fotocommunity.de/photo/tromatobia-ornata-die-wespenspinnen-schlu-weisswolf/45881704).
sissi9607 17/01/2022 7:26
Vielen Dank für die interessanten Erläuterungen. VG Sissi